Englischer Garten in München: Der Tunnel kann kommen

Der Stadtrat wird das Millionen-Projekt morgen wohl absegnen. Damit könnte Münchens grüne Lunge endlich wiedervereint werden.
Florian Zick |
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Der Isarring heute und morgen: Wo sich jetzt noch der Verkehr langwälzt, könnte in Zukunft ein Bach plätschern.
dpa/Grub-Lejeune Der Isarring heute und morgen: Wo sich jetzt noch der Verkehr langwälzt, könnte in Zukunft ein Bach plätschern.

München - Als vor etwa sieben Jahren die Idee aufkam, auf den Isarring einen Deckel zu machen und so den Englischen Garten wieder zu vereinen, überwog noch die Skepsis. Viel zu teuer, viel zu kompliziert – zwischenzeitlich war das Projekt fast tot. Doch nun scheint aus der einstigen Träumerei Wirklichkeit zu werden.

Der Stadtrat wird dem Bau des Parktunnels morgen voraussichtlich zustimmen. In Detailfragen gibt es zwar noch vereinzelt Klärungsbedarf, im Grunde sind sich die großen Fraktionen im Rathaus aber einig.

Für den Tunnel hat Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) verschiedene Varianten analysiert. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen in der Länge. Zwischen 285 und 620 Meter lang könnte die Röhre werden – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kosten. Je länger, desto teurer. Es läuft deshalb wohl auf den Mittelweg hinaus: 390 Meter für etwa 125 Millionen Euro.

Mittlerer Ring knapp 400 Metern unter der Erde

Für Merk ist das Gesamtpaket überzeugend. Wenn der Mittlere Ring auf knapp 400 Metern unter der Erde verschwindet, ließen sich die umliegenden Anwohnerstraßen und das Seehaus sehr gut oberirdisch anbinden. Und trotzdem wären spürbare Verbesserungen bei Lärmbelastung und Lufthygiene möglich.

Im Englischen Garten würde sich im Bereich des Isarrings der Lärmpegel bei einer Untertunnelung um fünf bis zwölf Dezibel reduzieren. Die Schadstoffbelastung würde im Park und am Seehaus auf Höhe des Tunnels merklich sinken. Und nicht zuletzt: Der Englische Garten wäre nicht mehr durch eine mehrspurige Straße durchschnitten.

Bei den zuständigen Fachbehörden bejubelt man das Projekt deshalb auch frenetisch. Für die Untere Naturschutzbehörde ist der Mittleren Ring an dieser Stelle ein "Fremdkörper" und eine "massive Barriere".

Die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung schreibt in einer Stellungnahme, dass man die in den 60er Jahren gebaute Stadtautobahn heute wohl nicht mehr durch den Englischen Garten führen würde. Ein solch gravierender Eingriff wäre inzwischen "weder denkmalschutzrechtlich noch naturschutzrechtlich genehmigungsfähig", so die Parkverwaltung.

120.000 Fahrzeuge pro Tag auf dem Isarring

An die 120.000 Fahrzeuge rauschen jeden Tag über den Isarring und zerschneiden den Englischen Garten in einen belebten Süd- und einen eher ruhigen Nordteil.

An dieser Situation hätte sich vermutlich auch nichts geändert, wären Petra Lejeune und Hermann Grub über all die Jahre nicht so beharrlich gewesen. Das Schwabinger Architektenpaar war es, das seinerzeit die Idee für eine Wiedervereinigung des Englischen Gartens aufbrachte und diesen grünen Traum trotz Widerstand auch nie aufgab.

Wieder richtig Fahrt aufgenommen hat das Projekt im vergangenen Sommer. Da hat die Staatsregierung einen Zuschuss in Höhe von 35 Millionen Euro zugesagt. Aus einem Fördertopf des Bundes fließen weitere 2,7 Millionen. Dazu kommt Geld von Sponsoren wie der Allianz-Umweltstiftung. Die hat auch bereits eine Million Euro zugesagt.

Die restlichen Kosten wird die Stadt tragen müssen – das aber verteilt über mehrere Jahre. Im Rathaus rechnet man mit einer Planungszeit von sechs Jahren. Bis der Tunnel fertig ist, wird es dann wohl weitere vier bis fünf Jahre dauern.

Sollte der Plan so aufgehen, könnte der Englische Garten also in rund zehn Jahren wieder vereint sein.

Die Initiatoren des Parktunnels: Bei ihnen knallen die Korken

Sie sind die Eltern des Erfolgs: Das Architektenpaar Petra Lejeune und Hermann Grub hat sich nie kleinkriegen lassen. Am Mittwoch kommt ihr Baby nun endlich in trockene Tücher: Der Stadtrat beschließt den Parktunnel.

Eine große Party sei noch nicht geplant, sagt Grub, aber den Sekt werde er gleich mal kaltstellen. "Ein Traum wird wahr" jubelt er.


Erfolg durch Beharrlichkeit: das Schwabinger Architektenpaar Petra Lejeune und Hermann Grub. Foto: Sven Hoppe/dpa

Sollte das Projekt erst einmal beschlossen sein, werden sich auch noch viele private Spender finden, glaubt Grub. Er kenne viele Münchner, die zumindest einen Zehner geben wollen. Und von einem weiteren Großsponsor wisse er auch.

Nur die von der Stadt veranschlagten zehn Jahre bis zur Fertigstellung des Tunnels hält er für zu hochgegriffen. Es gebe keinerlei Widerstand gegen das Projekt, sagt Grub. Zwei Jahre Planung, drei Jahre Bau – das sollte gehen.

An der Landshuter Allee freut man sich mit

Bei der "Bürgerinitiative Pro Landshuter Allee" freut man sich über den Erfolg der Parktunnel-Aktivisten. "Das ist schön für den Englischen Garten", sagt Sprecher Michael Lotterschmid. Eine Konkurrenz für die eigenen Ziele befürchtet er nicht: Von Größe und Preis her würde man an der Landshuter Allee schließlich in ganz anderen Dimensionen planen.


Die Landshuter Allee ist immer wieder Schauplatz für Protestaktionen gegen Feinstaub und Stickoxide. Foto: Matthias Schrader/dpa

Verzögerungen würde seine Bürgerinitiative jedenfalls nicht dulden. Schließlich gehe es bei ihnen auch darum, dass die Anwohner nicht mehr so viel Dreck einatmen müssen.

An der Tegernseer Landstraße trauert man

Der Name klingt nach Tempo, den Parktunnel wertet die "Giesing-Tunnel-Initiative", kurz GTI, aber eher als Bremse für das eigene Projekt. Der Englische Garten sei wichtig, der Tunnel eine gute Sache, sagt Mit-Initiatorin Ender Beyhan. "Wir Giesinger sind aber nicht wirklich glücklich damit."


Auch an der Tegernseer Landstraße kämpft eine Bürgerinitiative für einen Tunnel. Foto: Reinhard Kurzendörfer/imago

Statt nun viel Geld in den Parktunnel zu pumpen, wäre es vernünftiger, dort zu investieren, wo viele Menschen unter schlechter Luft leiden. Und das sei an der Tegernseer Landstraße nun mal der Fall. "Wirklich deprimierend", sagt Beyhan.

Lesen Sie auch: AZ-Kommentar - Parktunnel im Englischer Garten: Eine Wunde heilt

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