Endlich Bescherung

Fast möchte man ausrufen: Ja, is denn heut scho Weihnachten? Tatsächlich mag die Nachricht, dass die zweite S-Bahn-Röhre endlich gebaut wird, vielen Menschen vorkommen wie die Geschichte vom Christkind: Sie kennen die seit Kindertagen – und sie ist zu schön, um wahr zu sein. Ein Wunschtraum – erstrebenswert, aber eben nicht real. Jetzt soll alles anders sein. Ministerpräsident Seehofer und sein Adlatus Zeil versprechen eine gewaltige Bescherung; 2020 soll der Tunnel fertig sein.
Das klingt nach Wahlversprechen und weckt jene Vorbehalte, die beim Thema Stammstrecke über Jahrzehnte genährt worden sind. In den Chor der Zweifler hört man gleich die Beschwerdeführer einstimmen: Haidhausen werde durch den Bau ruiniert, die Innenstadt versinke im Schutt. Dazu der Baulärm, der Dreck, die Belastung durch die vielen Lkw. Und die Kosten: Was sich mit diesen Milliarden alles anfangen ließe! Damit muss Schluss sein. Zögerlichkeiten, Einzelinteressen und Polit-Hickhack haben diese Stadt oft genug in den Verkehrs-Kollaps geführt. 800000 S-Bahn-Pendler täglich – und nicht nur die – erleben den oft genug (dabei hat dieser Winter noch nicht begonnen). Die zweite Stammstrecke ist ein Muss für die Stadt, die ihrem eigenen Wachstum auf Dauer nicht mehr gewachsen ist. Pläne dafür gibt es bereits, kurzfristige Alternativen nicht. Also wird am Marienhof – wie ohnehin alle Jahre wieder – bald gebuddelt. Diesmal darf sich München auf ein Geschenk freuen.