EM-Viertelfinale in München: "Einsatzlage größtenteils friedlich"

München - Der Tonfall des Schreibens, den das Referat für Bildung und Sport zu Beginn der Woche an alle Münchner Sportvereine verschickt hatte, klang besorgt. Darin warnte die Stadt davor, dass ein größeres Fantreffen organisiert werden könnte mit einem Fußballspiel zwischen angereisten Belgiern und Italienern irgendwo auf einem Sportplatz in der Stadt.
Polizei zum EM-Viertelfinale in München: "Einsatzlage größtenteils friedlich"
Die Münchner Polizei hat in der Nacht einen ersten Überblick über die Ereignisse rund um das 2:1 der Italiener im EM-Viertelfinalspiel in der Arena gegen Belgien geliefert. Sie berichtet von Festnahmen, gibt grundsätzlich jedoch Entwarnung: "Die Einsatzlage kann zum aktuellen Zeitpunkt im Gesamtresümee als größtenteils friedlich bezeichnet werden."

Zu dem EM-Duell seien insgesamt jeweils rund 1.500 Fußballanhänger jeder Mannschaft angereist, vorwiegend in privaten und zum Teil auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Im Rahmen des Gesamteinsatzes mussten mehrere Personen auf Grund unterschiedlicher Delikte wie beispielsweise dem Entzünden von pyrotechnischen Gegenständen sowie verschiedenen Körperverletzungsdelikten festgenommen werden.
Viertelfinale in München: Heimspiel für die Italiener
Belgische Fans reisen zu Tausenden in Europa herum, um ihr Team bei der EM 2021 zu unterstützen. So wie zuletzt auch beim Spiel gegen Portugal im spanischen Sevilla am vergangenen Sonntag.

Wie mobil die Fans aus Italien sind, hatte sich dagegen schwer abschätzen lassen. Deren Nationalmannschaft spielte bisher nur in Rom. Allerdings war es zum Viertelfinale am Freitag nicht weit bis München, zudem leben viele Italiener in der Stadt, die ihr Team am Freitag unterstützen wollen. Für die Italiener war es jedenfalls eine Art Heimspiel: Ende Dezember 2020 lebten nach Angaben des Münchner Statistikamtes 28.496 Italiener in der bayerischen Landeshauptstadt – und nur 979 Belgier.
Festnahmen: Belgische Fans zünden Pyro in Biergarten
Nach Angaben der Polizei konzentrierte sich das Geschehen außerhalb der Arena ab den späten Nachmittagsstunden mit einem geringen Fanaufkommen beider Mannschaften vorwiegend auf die innerstädtischen Gastronomiebetriebe.
Wiederholt wurden dabei in einem Biergarten in der Arnulfstraße - er kristallisierte sich demnach als Treffpunkt der belgischen Anhänger heraus - "pyrotechnische Gegenstände" gezündet. Die Polizei nahm die ermittelten Tatverdächtigen fest und zeigte sie wegen eines Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz an.

Ein im Rahmen dieses Einsatzes gegen 17.30 Uhr festgenommener 30-jähriger Belgier leistete massiven Widerstand gegen die polizeilichen Maßnahmen und verletzte dabei in der Folge drei Beamte. Er wurde wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung festgenommen.
Verletzt: Unbeteiligter Fan von Maßkrug am Kopf getroffen
Bei der Festnahme des 30-Jährigen solidarisierten sich dann andere Fußballanhänger - dabei wurde ein Maßkrug in Richtung der Polizisten geworfen, der einen unbeteiligten Fan am Kopf traf und verletzte. Ein 26-jähriger Tatverdächtiger konnte im Rahmen der kriminalpolizeilichen Ermittlungen wenig später im Stadion identifiziert und festgenommen werden. Gegen ihn wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Etwa 700 belgische Fußballanhänger wurden rund drei Stunden vor Spielbeginn sukzessive mit Sonderbussen aus dem Fantreffpunkt in der Arnulfstraße zur Arena gebracht. Dies wurde von den Fans insgesamt sehr gut angenommen.

Etwa zwei Stunden vor Spielbeginn wurde ein 29-jähriger Belgier festgenommen, nachdem er in der Arnulfstraße einen tennisballgroßen Stein in die Richtung von Polizeibeamten geworfen hatte.
Gegen ihn wird nun wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte ermittelt.
Italiener bereiteten sich auf "Operazione Monaco di Baviera" vor
In Facebook-Gruppen hatten italienische Fans gemeinsame Public-Viewing-Events organisiert, italienische Medien sprachen von der "Operazione Monaco di Baviera", der "Operation München" also. Der Austragungsort sei für die Italiener bestens, schreibt die "Gazzetta dello Sport". Denn schließlich sei München italophil und hier würden auch diejenigen Spritz und Pizza mögen, die mit Bier und Brezel aufgewachsen seien.

Das italienische Generalkonsulat wies auf seiner Homepage auf die Corona-Regeln hin, die derzeit in München gelten: beispielsweise, dass es eine Testpflicht für das Stadion gibt, obwohl Italien nicht mehr als Risikogebiet gilt, dass hier und da noch Maskenpflicht herrscht und dass am Gärtnerplatz kein Alkohol getrunken werden darf. Außerdem gibt es praktische Tipps zur Anreise aus der Innenstadt zum EM-Stadion in Fröttmaning.
Belgier wollten ein Fan-Treffen organisieren
Es gebe"Bemühungen auf belgischer Seite, eine Art Fan-Treff zu organisieren, insbesondere unter dem Titel eines Spiels zwischen Fanclubs", heißt es in dem Schreiben des Sportreferats, das der AZ vorliegt.
Die Stadt bat alle Münchner Sportvereine, das Vorhaben nicht zu unterstützen. Wörtlich heißt es in dem Brief: "Wir bitten Sie, Anfragen des Belgischen Fußballverbandes, belgischer Fanclubs oder anderer Einrichtungen bzw. Personen aus Belgien zur Nutzung von Plätzen abzulehnen."
Belgische Fans: engagiert und gut vernetzt
Die belgischen Fußballfans gelten als sehr engagiert und kreativ, wenn es darum geht, Events vor wichtigen Spielen zu organisieren. Zudem sind die Unterstützer in den Vereinen untereinander "hervorragend vernetzt", wie das Sportreferat betont. In der Vergangenheit seien vielfach große gemeinsame Aktionen initiiert worden, bis hin zu sogenannten Fan-Walks mit bis zu 20.000 Teilnehmern.
EM-Spiele in München: Die Bilanz der Münchner Feuerwehr
Aus Sicht der Münchner Feuerwehr verliefen alle EM-Spieltage ruhig, die Branddirektion hatte sich intensiv auf die Begegnungen in München vorbereitet.

"Die Fans waren bis auf wenige Ausnahmen fröhlich und diszipliniert", teilte die Berufsfeuerwehr am Samstagmorgen mit. Lediglich während der Partie Deutschland gegen Ungarn (2:2) am 23. Juni war die Feuerwehr in den darauffolgenden Stunden bei rund 800 Einsätzen gefordert - allerdings nicht wegen des Spiels, sondern wegen eines heftigen Unwetters mit Starkregen.
Rund 1.800 Einsatzkräfte aus allen Hilfsorganisationen waren vor, während und nach den Spielen im Einsatz. Man sei immer für alle möglichen Eventualitäten gut gerüstet gewesen, heißt es. Und: "Vor dem Spiel ist nach dem Spiel - für die Branddirektion beginnt nun bereits die Planungs- und Vorbereitungsphase für die EURO 2024."