Elektronisches Stellwerk für Stammstrecke am Münchner Ostbahnhof wird ein Jahr später fertig

Verzögerung beim Elektronischen Stellwerk am Ostbahnhof: Statt diesen Sommer geht die neue Technik erst im August 2024 in Betrieb. Vor allem, weil viele Sicherheitstests anstehen – und Abnahmeprüfer fehlen. Damit drohen weiter Weichenstörungen und Zugausfälle bei der S-Bahn in München.
von  Irene Kleber
Blassgelb, würfelig, unscheinbar: Von außen sieht das neue Technikgebäude fürs elektronische Stellwerk (ESTW) an der Friedenstraße hinter dem Ostbahnhof schon fertig aus. In Betrieb geht das neue Stellwerk trotzdem erst im August 2024.
Blassgelb, würfelig, unscheinbar: Von außen sieht das neue Technikgebäude fürs elektronische Stellwerk (ESTW) an der Friedenstraße hinter dem Ostbahnhof schon fertig aus. In Betrieb geht das neue Stellwerk trotzdem erst im August 2024. © Irene Kleber

München - Die schlechte Nachricht zuerst: Diesen Sommer geht das neue elektronische Stellwerk der Bahn am Ostbahnhof, doch nicht in Betrieb. Damit drohen weiter Weichenstörungen und Zugusfälle bei der S-Bahn.

Das neue Stellwerk, das das alte von 1971 ersetzen soll, wird erst im August nächsten Jahres fertig, also mit einem Jahr Verspätung. Das hat Kai Kruschinski, Projektleiter für die Zweite Stammstrecke, am Donnerstag eingeräumt.

Stellwerk am Ostbahnhof soll nicht teurer werden

Immerhin, und das ist die gute Nachricht: Teurer soll das neue Stellwerk trotz der massiven Verzögerung nicht werden. Vor zwei Jahren waren dafür 220 Millionen Euro veranschlagt. "Wir bleiben im Kostenrahmen", sagt Kruschinski, die Verträge seien so abgeschlossen worden, und so würden sie auch eingehalten.

Das neue Technikgebäude ist voll mit solchen Kabeln. Diese verbinden alle Nachbarstellwerke mit dem am Ostbahnhof.
Das neue Technikgebäude ist voll mit solchen Kabeln. Diese verbinden alle Nachbarstellwerke mit dem am Ostbahnhof. © Irene Kleber

Warum sich nun alles so verzögert? Zwar steht das neue, blassgelb gestrichene Technikgebäude an der Friedenstraße hinterm Ostbahnhof schon, plus ein zweites am Leuchtenbergring.

Die Bahn müsse aber noch 400 Kilometer Kabel verlegen, 130 neue Signale errichten und anschließen - und fünf elektronische Weichenheizungen finalisieren, damit künftig an die 100 Weichen um den Ostbahnhof im Winter nicht mehr einfrieren können.

Grund für Verzögerung am Stellwerk: Komplexes S-Bahn-System am Ostbahnhof

Langwieriger aber würden danach die Tests und Abnahmeprüfungen, damit das Stellwerk sicher und störungsfrei funktioniert. Die sollen ab Januar 2024 beginnen. Das Problem: Es fehle an hochspezialisierten Planprüfern und Abnahmeprüfern für Leit- und Sicherheitstechnik.

"Wir bedauern das sehr", sagt Kruschinski, "und bitten alle Reisenden um Verständnis. Wir wollen und können nur mit 100 Prozent Sicherheit an den Start gehen." Noch ein Grund für die Verzögerung sei das komplexe S-Bahn-System mit über 1000 Zugfahrten täglich auf der Stammstrecke, die eine der meistfrequentierten Bahnstrecken Europas ist, mit spezieller Leit- und Sicherungstechnik. "Das macht den Prüf- und Abnahmeprozess noch einmal anspruchsvoller", so der Projektleiter.

Im August 2024 wird der Ostbahnhof voll gesperrt

An 122 Tagen sollen die Probe- und Prüfungsfahrten zwischen Januar und August stattfinden. Das werde man gezielt auf Nächte (ca. 21 bis 4 Uhr) und Wochenenden (ca. 4 bis 16 Uhr) legen, damit werktags die S-Bahnfahrten über die Stammstrecke wenig beeinträchtigt würden. "Es wird jeder hinkommen, wo er hinmuss", verspricht Kruschinski.

Von 14. bis 19. August soll der Ostbahnhof für eine knappe Woche komplett gesperrt sein. Dann wird die alte, störanfällige Technologie abgeschaltet und die neue geht in Betrieb. Bis dahin brauchen S-Bahn-Pendler noch viel Geduld. 

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