Eklat um GBW-Wohnungen: Reiter attackiert Söder

München - Dieter Reiter ist eigentlich kein Typ, der schnell den rhetorischen Prügel rausholt. Doch am Sonntag hört er sich richtig sauer an. "Ein Skandal", schimpft der OB im Gespräch mit der AZ. "Unglaublich dreist", sei das Angebot der GBW an die Stadt gewesen. "Mich ärgert das wahnsinnig."
Was Reiter so aufheizt: Die GBW hat die ehemals staatlichen Wohnungen an der Nimmerfallstraße in Pasing zu einem aus Stadt-Sicht zu hohen Preis angeboten. Als man sich nicht einig wurde, schlug die GBW vor, sie könne die Bewohner entmieten (AZ berichtete).
2013 hatte die Bayerische Landesbank zehntausende GBW-Wohnungen an ein privates Investorenkonsortium (und nicht etwa an Kommunen, die ebenfalls mitgeboten hatte) verkauft. Sie seien durch die EU zum Verkauf gezwungen worden, hieß es stets von der Staatsregierung. Außerdem habe man die Mieter sehr gut geschützt.
Reiter: "Das ist schon dreist"
Beides haben Kritiker nie so recht geglaubt. Und jetzt fühlen sie sich durch den Pasinger Fall bestätigt. Nach AZ-Informationen hat ein holländisches Immobilienunternehmen der GBW 26 Millionen Euro für die 75 Wohnungen geboten. Daraufhin versuchte die GBW, sich mit der Stadt zu einigen. Nachdem das nicht klappte, teilte sie dem Rathaus mit, nun einen privaten Käufer finden zu wollen.
Reiter kritisierte am Sonntag, er sei von der GBW viel zu kurzfristig über die Kaufabsicht informiert worden. Nur mit einer dringlichen Anordnung an das Kommunalreferat sei es möglich gewesen, noch ein Angebot abzugeben. "Und dann macht die GBW noch Werbung mit Entmietung. Das ist schon dreist." Reiter griff auch Finanzminister Söder an. "Wenn der verantwortliche Minister sich jetzt anschickt, Ministerpräsident zu werden, sollte man den Wählern schon sagen, wie er mit den Mietern umgegangen ist."
Aus der Münchner SPD kam am Wochenende der Ruf, das Thema auch noch einmal auf die Landesebene zu heben. Partei-Vize Roland Fischer fordert einen Untersuchungsausschuss. "Die Herren Söder, Seehofer und Beckstein müssen sich ihrer Verantwortung stellen", sagte er. Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein ist der Ombudsmann für Konflikte um die "Sozialcharta", die die Staatsregierung den GBW-Mietern versprochen hatte. Der Mieterbeirat der Stadt nannte die GBW in einer Mitteilung einen "unsozialen Spekulanten" und sprach von einem "unglaublichen Vorgang".
Grüne: "Sozialcharta ist löchrig wie ein Schweizer Käse"
Auch die Landtags-Grünen stellten sich am Wochenende auf die Seite der SPD. "Der Fall zeigt einmal mehr, dass die Sozialcharta löchrig wie ein Schweizer Käse ist", sagte der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Mistol, der AZ. "Das Vorkaufsrecht der Kommunen entfaltet in der Praxis keine Wirkung, wenn Fantasiepreise verlangt werden, die die Städte nicht zahlen können."
Es gibt aber auch Kritik an dieser Lesart. Maximilian Heisler vom "Bündnis bezahlbares Wohnen" sagte: "Es geht um einen hohen Preis. Aber die Stadt muss kaufen. Sonst kommt sie nicht mehr an Wohnungsbestand. Und die Preise resultieren aus der Verschlafenheit der Politik in den letzten 20 Jahren."
Heisler zeigte sich aber auch irritiert vom Vorgehen der GBW. An anderen Standorten etwa in der Untergiesinger Konradinstraße habe sie sensible Lösungen mit den Mietern gefunden. "In Pasing hat die GBW verpennt, das auch zu schaffen", sagte Heisler. "Dabei hätte sie volle Handhabe gehabt."
Wenn die GBW einen Käufer gefunden hat, muss sie die Stadt nochmal fragen, ob die zu dem Preis zuschlagen will. Aus dem Rathaus klingt es aber nicht, als werde man dann zuschlagen.