Eklat im Nobelviertel: Arbeiter stören Richtfest im Lehel

Reitmorstraße im Lehel: Während drinnen bei Häppchen gefeiert wird, protestieren draußen die Arbeiter. Es geht um offene Rechnungen in Höhe von 53000 Euro. Sogar die Polizei muss anrücken
von  Abendzeitung
Selten kommt es im Lehel zu lautstarken Protesten. Nun mischten Bauerabeiter ein Richtfest auf, sie fühlen sich um ihr Geld betrogen.
Selten kommt es im Lehel zu lautstarken Protesten. Nun mischten Bauerabeiter ein Richtfest auf, sie fühlen sich um ihr Geld betrogen. © Daniel von Loeper

Reitmorstraße im Lehel: Während drinnen bei Häppchen gefeiert wird, protestieren draußen die Arbeiter. Es geht um offene Rechnungen in Höhe von 53000 Euro. Sogar die Polizei muss anrücken

MÜNCHEN Für Krawalle ist das schicke Altstadtviertel Lehel nun nicht gerade bekannt. Entsprechend schockiert schauten daher viele Anwohner auf die wütenden Männer, Frauen und Kinder, die am Donnerstag an der Reitmorstraße 29 stundenlang und lautstark „Gebt uns unser Geld!“ skandieren. Die „Unruhestifter“ meinen damit jene Herrschaften, die in einem Altbau gegenüber mit Häppchen und Blasmusik Richtfest feiern. Und sorgen für ein verbales Störfeuer, das nicht zu überhören ist.

Auch als Polizisten anrücken und das Richtfest unter Polizeischutz nehmen, ist Kerem Bas nicht zu beruhigen. „Ich muss meine Angestellten entlassen, ihre Kinder hungern“, malt der Chef der Baufirma Bas GmbH dramatische Bilder. Bei der Sanierung des Altbaus in der Reitmorstraße hat seine Firma Maurerarbeiten erledigt. Bas ist der Meinung, dass ihm noch 53000 Euro zustehen. Geld, das er nun mit den Familien der Arbeiter lautstark einforderte. Bas und seine Männer haben inzwischen Hausverbot.

Eine Kinderkrippe mit 42 Plätzen soll in dem Altbau im Lehel bis zum Frühjahr 2010 entstehen. Die Kosten betragen 1,6 Millionen Euro. Bauherr ist die Stadibau GmbH, eine Gesellschaft, die für Staatsbedienstete Wohnungen baut und verwaltet und dem Freistaat Bayern gehört. Vertreten wird sie vom Finanzministerium. Umso peinlicher, dass es gerade bei einem Projekt dieser Gesellschaft zum Eklat kommt. Müssen, wie Kerem Bas behauptet, Kinder hungern, weil die Stadibau offene Rechnungen ignoriert?

Karl Baumann sieht das anders. Der Gesellschafter der Baumann GmbH soll für Stadibau die Kernsanierung vornehmen. Er hat Bas und seine Mannen angeheuert. „Die Qualität der Arbeiten war ungenügend“, erklärt Baumann. Seine Version lautet so: Unternehmer Bas habe am 30. September eine Rechnung von 108000 Euro präsentiert. Allerdings habe Bas bereits viele Vorschüsse erhalten. Es gehe nur noch um eine Summe von 15000 Euro. Denn einige Arbeiten wurden gar nicht, andere nur mangelhaft erledigt. Aus Menschlichkeit habe er Bas sogar einen besseren Preis als üblich gemacht, erklärt Baumann und sagt: „Jeder andere wäre da härter als ich.“

Das klingt wie Hohn für Abidja Sead. „Wir haben nur in Rechnung gestellt, was der Architekt freigegeben hat“, sagt der Bauleiter der Bas GmbH – 53000 Euro stünden demnach noch aus. Er verspricht: „Wir kämpfen weiter.“

Am Abend zeigen die Anwohner Mitgefühl und reichen den ausdauernden Störenfrieden Getränke und Semmeln. Den Herrschaften vom Richtfest ist da der Appetit auf Häppchen längst vergangen.

Reinhard Keck

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