Ekel-Metzger in München?

Bei Kontrollen fällt über ein Drittel aller Metzgereien durch. Das KVR spricht von „Hygienemängeln”. Die Metzgerinnung wehrt sich.
Julia Lenders |
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Fleisch und Würste Symbolbild)
dpa Fleisch und Würste Symbolbild)

Bei Lebensmittelkontrollen fällt mehr als ein Drittel aller Münchner Metzgereien durch. Das Kreisverwaltungsreferat spricht von „Hygienemängeln”. Die Metzgerinnung wehrt sich

MÜNCHEN Die Münchner Metzger sind sauer. Der Grund: Das Kreisverwaltungsreferat hat Zahlen zu Lebensmittelkontrollen veröffentlicht, die einem den Biss in die Wurstsemmel durchaus verderben können. Bei 354 Kontrollen waren die Prüfer demnach in 132 Fällen unzufrieden – und verlangten Nachbesserungen. Das ist deutlich mehr als ein Drittel.

Die Metzgereien nähmen es mit der Hygiene nicht immer ganz genau, berichtete die „SZ” daraufhin. Und genau das sorgt in der Branche für Ärger. Von Hygienemängeln könne keine Rede sein, wettert CSU- Stadtrat Georg Schlagbauer, Obermeister der Münchner Metzgerinnung. Schon eine kaputte Fliese oder Risse in Fugen würden zu einer „Beanstandung” führen.

Er behauptet: „Wenn ein städtischer Prüfer des Kreisverwaltungssreferats bei der Kontrolle einer Metzgerei nichts zu beanstanden hat, darf er keine Kosten geltend machen.” Deshalb sei doch klar, dass immer etwas gefunden werde. Sehr oft würden Prüfer nur anmerken, dass geputzt werden müsse. Anscheinend, so meint Schlagbauer, benötige das KVR diese Gelder, „um den Haushalt sanieren zu können.”

KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle verwehrt sich gegen die Attacke: „Das ist ein bisserl ein plumper Vorwurf.” Die Behörde würde keineswegs Betriebe beanstanden, nur um Gebühren zu bekommen. Was aber stimmt: Nur wenn Mängel verfolgt werden, muss die Metzgerei eine Verwaltungspauschale bezahlen. Wenn sie nicht beanstandet wird, dann nicht.

Freilich sei das gute Drittel der Betriebe, bei dem die Kontrolleure etwas fanden, „nicht total versifft”, erklärt Blume-Beyerle. „Aber es gibt selbstverständlich Hygienemängel bei Metzgereien.” Und als solche seien eben sehr wohl auch gebrochene oder fehlende Fliesen oder Dreck in den Fugen zu verbuchen.

Und nicht nur das: Als klassische Beispiele nennt der KVR-Chef einen „Hackstock, der nicht anständig gereinigt ist”, Schimmel, Schädlingsbefall oder beschädigte Insektengitter. All das gehört zum Mängel-Repertoire in Metzgereien.

"Bei der überwiegenden Mehrheit der Metzger ist alles in Ordnung”, schickt der Kreisverwaltungsreferent aber hinterher. „Wir haben kein Interesse, dass der Eindruck entsteht, die Münchner Betriebe seien nicht sauber.”

Zum Hintergrund: 46 Außendienstler sind mit der Lebensmittelüberwachung betraut. Die meisten sind selbst vom Fach und haben Metzger- Bäcker und Konditormeister oder Koch gelernt. Sie sollen insgesamt 19000 Betriebe im Blick haben. Dazu gehören rund 7000 Gaststätten, 295 Metzgereien, zusätzlich auch die Fleisch- und Wursttheken großer Supermärkte, Getränkemärkte – eben die komplette Lebensmittelbranche. 16 Betriebe mussten im vorigen Jahr sogar vorübergehend geschlossen werden. Heuer waren es bisher schon 14.

„Natürlich haben wir auch schwarze Schafe”, gesteht der Münchner Metztgerinnungs-Chef Georg Schlagbauer zu. Aber das KVR verfälsche mit seinem Vorgehen die Statistik, beharrt er. Damit gerate schnell eine ganze Branche in Verruf.

Auch Metzgermeister Johann Raab, Vorsitzender der Vereinigten Münchner Metzger erklärt: „Wenn ich meinen Kunden erstklassige Ware anbieten möchte, ist Hygiene eine Selbstverständlichkeit.” Diese Qualität ließen viele Betriebe „bei einer neutralen Prüfung” kontrollieren.

Die Proben würden in einem unabhängigen Prüflabor mikrobiologisch untersucht. „Hier sind bei den Münchner Betrieben keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden”, heißt es.


Die Debatte um die Hygiene in Münchens Metzgereien passt zur laufenden Diskussion um die Hygienampeln. Die sollen ab 2012 am Eingang von Restaurants und Hotels anzeigen, wie sauber es in der Küche zugeht. Das haben die Verbraucherschutzminister im Mai beschlossen (AZ berichtete).

 

Wenn das Parlament zustimmt, könnten Gäste schon am Eingang das Ergebnis des letzten Hygiene-Checks ablesen. Steht das Kontrollbarometer auf Grün, kann man im Lokal bedenkenlos speisen, bei Gelb sind Zweifel angebracht, bei Rot hat es schwerwiegende Mängel gegeben. Ist ein Betrieb erstmal als Saustall entlarvt, gibt’s kein Entrinnen mehr, denn das Aufhängen der Plaketten ist Pflicht. Doch damit nicht genug: Künftig sollen auch Bäcker, Fleischer, Händler, Großküchen und Wochenmärkte zertifiziert werden.

Beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband ist man skeptisch. Die Kennzeichnung sei „viel zu pauschal“ und verwirre die Gäste nur.

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