Ekel-Alarm am Feringasee
München - Überall dort, wo das Fleisch weich ist, hat Günter Hanft (74) schmerzende Pusteln: In den Kniekehlen, unter den Achseln, im Schritt. „Es juckt nicht nur, es schmerzt richtig“, sagt er. Zuerst dachten er und seine Frau Gretel (70), sie seien am Feringasee gestochen worden. Doch es gibt keine Einstiche. Die Pusteln sind hart, nässen nach einiger Zeit und eitern.
Die Hanfts schwimmen immer im Biotop des Feringasees, weil dort so wenig andere Schwimmer sind und Entenküken sie beim Schwimmen begleiten. Günter Hanft hat einen Verdacht, woher die Pusteln kommen: Zerkarien, kleine Larven von Saugwürmern, die durch Entenkot ins Wasser kommen und Schlammschnecken infizieren.
Beim Menschen bohren sich die Larven in die Haut und sterben ab. Der Mensch zeigt eine allergische Reaktion auf das fremde Eiweiß. Das sieht zwar aus wie ein Stich, juckt und schmerzt aber viel schlimmer und kann mehrere Tage anhalten. Im vergangenen Sommer standen am Feringasee große Hinweisschilder, die vor den Ekel-Würmern gewarnt haben. Heuer hat das Gesundheitsamt die Warnung in bestehende Schilder zur Wasserqualität integriert. „Durch Zerkarien im Wasser können Juckreiz und Entzündungen der Haut auftreten. Baden auf eigene Gefahr“, heißt es da.
Im örtlichen Gesundheitsamt haben schon einige Schwimmer angerufen und über die Pusteln geklagt. „Aber es ist nicht so dramatisch wie im letzten Sommer“, beruhigt Gesundheitsamt-Chef Gerhard Schmid. Beweise hat Schmid keine, aber auch er vermutet, dass heuer Zerkarien im Feringasee sind. Aber beim Landratsamt gibt’s Probleme, deshalb können sie momentan keine Wasseruntersuchung machen.
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Vielleicht ist’s besser so – nicht jeder Badegast war zufrieden mit dem „Krisenmanagement“. Schmid sagt: „Im letzten Jahr haben uns die einen Badegäste Panikmache und die anderen Verharmlosung des Zerkarien-Problems vorgeworfen. Naja, jeder Körper reagiert auch anders auf die Saugwurm-Larven.“
Die Menschen am See sind aber auch selbst ein wenig schuld: Einige Badegäste und Spaziergänger füttern die Enten am Feringasee, die sich dadurch schneller vermehren. Und Enten sind der Endwirt der Larven. „Trotz der vielen Enten ist die Wasserqualität im Feringasee immer zwischen sehr gut und ausgezeichnet. Zerkarien gehören eben auch zur Natur – wie Zecken und Mücken“, sagt Schmid.
Das freilich ist ein schwacher Trost für die Betroffenen: Marion Walter ist Dauergast im Feringasee. Seit 1972 schwingt sie sich bei gutem Wetter am Vormittag aufs Radl und fährt von Freimann nach Unterföhring. „Aber so hab ich noch nie ausgeschaut. 20 Pusteln, manche aneinander gereiht, überall am Körper!“, sagt die 68-Jährige.
Sie schwimmt im Osten des Sees mindestens eine halbe Stunde, manchmal auch eine Stunde, rüber zur Insel mit den Nackerten. Aber jetzt juckt es sie überall so, dass sie gar nicht an Schwimmen denken möchte. „Biologisch bin ich, hat mein Arzt gesagt, zwölf Jahre jünger wegen dem Schwimmen und dem Radeln. Aber grad mag ich nicht mehr“, sagt Marion Walter.
Ihr tut auch der Sepp leid, der in seinem Gasthof am Feringasee den besten Steckerlfisch verkauft. Letztes Jahr sei wegen der Zerkarien der Umsatz ziemlich eingebrochen.
Zehn bis 20 Tage kann es dauern, bis die Pusteln weg sind. Entzündungshemmende Salben helfen, den Heilungsprozess zu beschleunigen.
Mit einem Mittel könnten die Feringa-Fans gefahrlos im See baden gehen: „Quallen- plus Sonnenschutz“ heißt die Lotion, sie ist in Apotheken erhältlich. Oder die Feringa-Schwimmer warten, bis der See kälter wird, unter 20 Grad. Das macht den Zerkarien den Garaus.
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