Eisbach-Bezwinger unter sich - mit Video
Der exklusive Club der besten Surfer zeigt am Samstagabend auf Münchens Welle spektakuläre Tricks. Motto: Tod im Paradies. Mit Video.
MÜNCHEN Flip Flops abstreifen und – zip – hinein in den hautengen Neoprenanzug. Rund 20 Eisbach-Surfer haben sich am Samstag in der Abenddämmerung an Münchens bekanntester Welle zu einem ganz besonderen Stelldichein getroffen. Es sind nicht irgendwelche Surfer. Es sind die selbst ernannten Besten – das Non-Plus-Ultra der eingeschworenen Eisbach-Bezwinger. Vom Bottom Turn bis zum ultimativen Big Spin – das Brett dreht sich um 360, der Körper um 180 Grad – nur die besten und schwersten Tricks werden gezeigt. „Das Besondere heute Abend sind die Sprünge“, erklärt Boris Schmelz (35), „und nicht die üblichen Bögelchen“ – das normale Hin und Her.
Hundert Touristen, Freunde und Spaziergänger an der Brücke und am Ufer verfolgen die Inszenierung. Jan Holstein animiert per Lautsprecher, die Jungs kräftig anzufeuern. Er selbst macht nicht mit, hat ein lädiertes Knie. „Außerdem liegt mir das Surfen mit Zuschauerzirkus nicht“, sagt der 37-Jährige.
Spot an – und die mitgebrachten Scheinwerfer hüllen die Welle und die Surfer in gleißendes Licht. Eine improvisierte Nebelmaschine pustet Rauch auf die Meister der Münchner Surf-Szene. „Jetzt gibt es gleich fette Hacks zu sehen, wo ganz viel Spray bei rauskommt“, erklärt Jan Holstein. Zu Deutsch heißt das: Gleich macht der Surfer eine zackige Drehung, dass das Wasser gscheit hochspritzt.
Hier gibt's ein Video vom Surfer-Event:
Das Reiten auf Münchens schwerster und gefährlichster Welle ist reine Männersache. „Das Niveau ist zu hoch – das trauen sich die Mädels nicht zu“, so Jan. Weibliche Bewunderer haben sie aber natürlich genug. Die Eisbach-Jungs nehmen sie jedoch gar nicht wahr, sind hochkonzentriert. Geredet wird nicht viel unter Münchens besten City Surfern. Das ist nur unnötiger Firlefanz, der vom Eigentlichen ablenkt. Jeder ist für sich, gibt sein Bestes. Andi Jobst (27) surft seit acht Jahren auf der Münchner Welle mit. Er hat sich an den Steinen schon mal den Kopf angeschlagen und den Zeh gebrochen – ein kalkuliertes Risiko, das er bei jedem Ritt in Kauf nimmt.
Bis kurz vor Mitternacht springen die durchtrainierten Jungs der fus-Crew ins tosende Nass. So nennt sich der harte Eisbach-Kern seit 2006. Fus – das steht für f***-U-Surf. Oder neuerdings auch „Für Ude Surfen“ – zu Ehren von OB Ude, dem Mann der Stunde, der das Eisbach-Surfen im Juni offiziell erlaubt hat.
Das Schwimmen gegen den Strom – immer auf der Hut vor der Polizei – hat die Eisbach-Jungs fest zusammengeschweißt. Seit vier Jahren treffen sie sich für einen Abend und zelebrieren ihre Leidenschaft. Das Motto heuer: Death in Paradise – Tod im Paradies. Die Fluss-Surfer kokettieren mit der Gefahr, der sie sich aussetzen. „Gib alles für das beste Gefühl auf der Welle“, erklärt Boris Schmelz. „Wir sind nicht lebensmüde, aber wollen das Leben intensiv genießen.“
Anfänger sind im exklusiven Kreis unerwünscht. „Der Eisbach ist einfach saugefährlich“, so Alex Förderer. Er weiß, wovon er spricht. Er wagte sich 2003 zum ersten Mal auf die Welle und wurde rückwärts über die Steine gezogen. „Ich dachte, ich bin querschnittsgelähmt“, so der 30-Jährige. Viele Snowboard- und Skateboardfahrer denken, sie könnten automatisch auch gut surfen, so Alex weiter, aber „solche Idioten“ brauche man hier nicht. Das Eisbach-Surfen sei gerade erst legal geworden – und das solle auch so bleiben. Sylvia Petersen
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