Einzelhandels-Demo: Pfiffe und ein Angebot

MÜNCHEN „Schockiert” und „enttäuscht”, das waren zwei Vokabeln, die am Freitag vom Podium auf dem Marienplatz oft zu hören waren. Etwa wenn sich Redner echauffierten, wie XXXLutz mit 160 Mitarbeitern umgeht, die durch die Schließung des Möbelhauses auf der Theresienhöhe ihren Job dort verlieren.
500 Arbeitnehmer aus elf Münchner Geschäften – von Kaufland über H&M bis zu den XXXL-Mitarbeitern – waren mit Trillerpfeifen und Transparenten dem Aufruf der Gewerkschaft zur Streik-Aktion gefolgt. Um diese Punkte ging es ihnen:
MANTELTARIFVERTRAG
Es sollte nicht nur um das plötzliche Ende der XXXLutz-Filiale gehen, sondern auch um die zähen Verhandlungen beim Manteltarifvertrag im Einzelhandel. „Ich stehe hier, weil der Manteltarifvertrag nicht durchlöchert werden darf”, erklärte Real-Mitarbeiter Andreas Hagn.
Genau das hätten die Arbeitnehmer aber vor – sagte Verdi-Verhandlungsführer Hubert Thiermeyer. Er berichtete aus den Verhandlungen, dass es den Arbeitgebern um Verschlechterungen bei der Arbeitszeit und den Wegfall der Spät- und Nachtzuschläge geht: „Die machen bei den Waren-Verräumern aber 50 Prozent des Einkommens aus.”
Die Crux liege in der zunehmenden Konzentration im Einzelhandel. Der stünde in einem „Vernichtungswettbewerb”, der auf Kosten der Arbeitnehmer gehe.
Der Termin für den Streik sei absichtlich gewählt: Er liegt eine Woche vor einem Treffen der Arbeitgeber, erklärte Georg Wäsler (Verdi). Dort werden die Unternehmen ihre Position koordinieren. Am 31. Oktober wird dann wieder zwischen den Tarifparteien geredet. Seit über sechs Monaten dauert der vertragslose Zustand bereits an. „Das ist eine lange Zeit”, sagt Wäsler. Er befürchtet, dass der Tarifkampf bis ins Weihnachtsgeschäft andauern könne.
DIE XXXLUTZ-SCHLIESSUNG
Gewerkschaftssekretär Dirk Nagel ging mit den Verantwortlichen des Möbelhauses XXXLutz hart ins Gericht. So dürfe es zum Beispiel keine Schule machen, die Unternehmensstrukturen so aufzufächern, dass es am Ende schwer werde, überhaupt einen Sozialplan auf die Beine zu stellen. Die Aufgabe der Filiale sei so plötzlich erfolgt, dass dem Betriebsrat nicht einmal Zeit blieb, die Akten aus dem Büro zu räumen.
OB-Kandidat Dieter Reiter (SPD) ist „schockiert und enttäuscht”: „Dass ein Unternehmen neue Standorte aufmachen will, ohne das alte Personal mitzunehmen, das habe ich noch nicht erlebt.” Der SPD-Mann bot sich als Moderator für Gespräche an.
Dass geredet werden müsse, sagte auch die XXL-Lutz-Betriebsratschefin Anna Reichert. Das habe die Geschäftsleitung ja vor Jahren schon angeboten. Die Zeit sei nun gekommen: „Lassen Sie uns reden!”