Einsperren oder ausweisen?
MÜNCHEN - Auch nach dem Urteil gegen die beiden U-Bahn-Schläger geht die Diskussion über das Strafmaß und mögliche Sanktionen weiter. Ist es sinnvoll, die beiden abzuschieben? Wie sieht die Rechtslage aus? Können Serkan A. und Spyridon L. vorzeitig entlassen werden? Die wichtigsten Fragen in einem AZ-Überblick.
Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ist die Sache klar. Er sagt: Niemand würde es verstehen, „wenn Ausländer, die eine derartige Brutalität an den Tag legen, weiter in Deutschland bleiben können“. Die Entscheidung des Landgerichts München, das die bei den U-Bahn-Schläger Serkan A. und Spyridon L. zu zwölf und achteinhalb Jahren Haft verurteilte, sieht der CSU-Politiker als „klares Signal“: Nachdem die beiden Männer ihre Strafe abgesessen haben, will Herrmann sie in ihre Heimatländer Türkei und Griechenland abschieben. Beide haben keinen deutschen Pass – und darin sieht Herrmann die Chance, sie loszuwerden. Davon erwartet sich der Minister eine „abschreckende Wirkung“ für andere jugendliche Straftäter.
Auch Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein ist für die Abschiebung: Das sei „sicherlich nicht einfach“, gibt er zu. „Wir werden uns aber in jedem Fall anstrengen.“ Dem stellvertretende Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach, kann es mit der Abschiebung gar nicht schnell genug gehen: „Ich rate dringend, die beiden Täter sofort auszuweisen, sobald das Urteil Rechtskraft hat“, sagte er. Es wäre fatal, wenn damit bis zur Verbüßung der Strafe gewartet würde. Das Argument, dass ein Teil der Schuld auf das Umfeld der Straftäter zurückzuführen sei, lässt Bosbach nicht gelten. „Man muss sich von dem Gedanken trennen, dass für jedes Verbrechen die Umstände verantwortlich sind“, sagte Bosbach. „Die Täter sind verantwortlich, nicht Deutschland.“
SPD, Grüne und FDP gegen Abschiebung
SPD, Grüne und FDP wehren sich gegen eine Abschiebung der U-Bahn- Schläger. Der Vorwurf: Die CSU fordert nur deshalb die Abschiebung, weil sie ihre Chancen für die Landtagswahl erhöhen will. „Einzelfälle dürfen nicht missbraucht werden, um Stimmung in der Öffentlichkeit zu machen“, kritisierte SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner. „Der springende Punkt ist, dass verhindert werden muss, dass Jugendliche zu Intensivtätern werden“, sagte Stegner. „Das bedeutet, dass man nicht sparen darf – weder bei der Jugendhilfe noch bei der Justiz.“
Der FDP-Rechtspolitiker Max Stadler verwies auf den Resozialisierungsgedanken des deutschen Strafrechts. Nach der langen Haft müsse die Sozialprognose der Täter genau angesehen werden, bevor über eine Abschiebung entschieden wird, sagte er. „Ein pauschales Urteil darüber schon heute greift zu kurz.“
Der Chef der Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag, Sepp Dürr, stellt die präventiveWirkung von harten Urteilen generell in Frage. Forderungen aus der CSU, generell „abschreckende“ Hau-Drauf-Urteile zu verhängen, seien völlig verantwortungslos.
Doch sogar aus den eigenen Reihen bekommt die CSU mittlerweile Gegenwind: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU) beurteilt Forderungen nach einer Abschiebung skeptisch. Es gebe „eindeutige rechtliche Regelungen“, sagte sie: Eine Abschiebung sei „mit großen Schwierigkeiten verbunden.“