Einkaufen: So werden wir mit Düften manipuliert

Geschäfte versprühen Düfte, um die Kunden zum längeren Bleiben und zum Kaufen zu bewegen: „Sie nehmen das nur unbewusst wahr“. Die AZ hat die Duft-Tricks aufgedeckt.
Thomas Gautier |
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Der neue Adidas-Schuh „Boat“ riecht nach Kokos oder Kirsch – der Duft steckt in der Ferse.
Adidas Der neue Adidas-Schuh „Boat“ riecht nach Kokos oder Kirsch – der Duft steckt in der Ferse.

Viele Unternehmen versprühen Düfte, um die Kunden zum längeren Bleiben und zum Kaufen zu bewegen: „Sie nehmen das nur unbewusst wahr“. Die AZ hat die Duft-Tricks aufgedeckt.

 Was die einzelnen Branchen an Duft-Tricks so auf Lager haben lesen Sie hier!

Interview mit Duft-Experte Hanns Hatt


Mode

Das US-Label Abercrombie & Fitch, das in der „Hofstatt“ eine Filiale eröffnen will, hat auch seinen eigenen Corporate-Duft, sagt Hanns Hatt. „Den gibt es sogar im Flakon zu kaufen, damit man sich auch daheim an den Laden erinnern kann.“


Autos

Die BMW-Welt hat einen eigenen Duft. Er wurde speziell für das neue repräsentative Gebäude gemixt. BMW-Welt-Sprecher Helmut Pöschl bestätigt das auf Anfrage der AZ – und nennt Details: Entlang der Fahrzeugausstellung würden sogar zwei verschiedene Duftrichtungen versprüht – je nach Jahreszeit ein „winterlicher“ oder ein „frischer“ Geruch.

Der Kunde soll sich über die Nase schlagartig wohlfühlen – in Zusammenspiel mit einem ausgeklügelten Licht- und Audio-Konzept. Die Anlage steckt unsichtbar im Boden, auch die Düfte würden sehr subtil eingesetzt, „Sie nehmen sie nur unbewusst wahr“, so Pöschl. „Das ist ja das Konzept.“

 


Sport

Adidas besprüht seine Schuhe, sagt Hatt. „Seit kurzem auch die Räume, in denen sie verkauft werden“ – Adidas widerspricht teilweise. Düfte würden in Filialen nicht eingesetzt, so ein Sprecher auf AZ-Anfrage.

Bei den Schuhen gibt der Sport-Gigant Hanns Hatt aber teilweise recht: „Vereinzelt wird in der Adidas-Kollektion bei Produkten ein Duft eingesetzt“, so der Sprecher. Beispiel: Der Schuh „Boat“, der ab Frühjahr 2012 auf den Markt kommt, hat ätherische Öle in der Ferse (Duftrichtungen Kokos oder Kirsch), das sich nach vier bis sechs Wochen „natürlich und rückstandsfrei“ auflöst.

 

 


Hotels

Hier sollen Düfte vor allem eine angenehme Atmosphäre schaffen. Le Meridien nutzt weltweit den Duft namens LM01, der nach Zedernholz, Bücherei und Zigarren riecht – egal ob in der Bayerstraße, in Hongkong, New York oder Buenos Aires. Auch das Marriott (in München am Nordfriedhof) nutzt einen eigenen Duft, ebenso Sheraton (Häuser an der Schwanthalerhöhe oder am Olympiapark). Das Parfum „Welcoming Warmth“ riecht nach Feige, Bergamotte, Jasmin und Fresien. Der Duft der Westin-Kette, (Haus am Arabellapark), riecht dagegen eher nach weißem Tee.


 

Kaffe

Ketten wie Starbucks und Tchibo versprühen synthetischen Kaffee-Duft, sagt Hatt. Der wabere „durch die Tür durch hinaus auf die Straße“ direkt in die Nasen der Passanten, „damit die Leute Lust bekommen.“ Der Duft-Experte ist der Ansicht, dass jeder Kaffeeverkäufer künstlichen Bohnen-Duft einsetzt. „Der lässt sich leicht imitieren.“
Tchibo und Starbucks widersprechen auf AZ-Anfrage. „Dennoch ist der Duft für uns sehr wichtig“, sagt eine Starbucks-Sprecherin. Sie erzählt von einem Erlebnis des Starbucks-Chefs Howard Schultz, der 2008 eine New Yorker Filiale betrat, die nach Käse roch. Da habe er erkannt, dass sich die Firma auf ihr Kerngeschäft beschränken sollte – Kaffee rückte daraufhin wieder in den Vordergrund.

 


Seife

Die Filialen des Seifen-Verkäufers Lush haben immer die Tür auf. „Das ist eine Empfehlung an die Geschäftsinhaber“, sagt Hanns Hatt. Der Seifen-Duft sei so intensiv, dass er sich auf die Straße ausbreite – „das soll ein Markenzeichen der Firma sein“, so Hatt.

Eine Sprecherin von Lush dazu: Ja, man füge den Seifen wohlriechende ätherische Öle zu. Das aber sei kein eigenständiges Konzept. Und ja, die Türen seien immer geöffnet – aber nur,, „damit beim Kunden die Hemmschwelle sinkt, den Laden zu betreten.“


Reisebüros

Viele versprühen den Geruch von Sonnenmilch in ihren Räumen, sagt Duft-Experte Hatt – damit wollen sie den Verkauf von Sommerreisen ankurbeln.


Blumen

Oft werden die Düfte von Blumen, die sich gerade schlecht verkaufen, in die Luft gesprüht – dann steigen die Verkäufe stark an, so Hatt. „Liegt Rosenduft in der Luft, greifen Kunden, die nicht wissen, welche Blumen sie kaufen sollen, öfter zu Rosen.“


Kaufhäuser

 

Auch sie nutzen Düfte – aus ganz profanem Grund: „Damit es nicht so stinkt“, sagt Hatt.
 

 


Bäckereien

Der Klassiker ist hier ein großer Backofen und eine offene Tür – das reicht in den meisten Fällen schon. „Brotduft gibt es aber auch synthetisch zu kaufen“, sagt Hatt.


Supermärkte

Laut Hatt gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass manche Ketten Duft versprühen, um Verkäufe zu steigern – etwa bei Orangen. „Da versprüht man Orangen-Öl, damit sie stärker riechen.“ Richtig zugeben wolle das aber niemand.

Die italienische Kette Conad hat da weniger Skrupel: Sie setzt ein frisches, zitroniges Parfum an der Fischabteilung ein, versprüht Kaffee- und Back-Duft in der Frühstücksabteilung und handelt auch in der Pasta- und Süßwarenabteilung in ähnlicher Weise – und meldet seitdem Jahresumsatzsteigerungen von fünf bis acht Prozent.

 


Spas

Schon die Aufguss-Düfte der Saunen wirken auf die Gäste entspannend – doch manchen Spa-Betreibern reicht das nicht. Die Kölner Firma Scentcommunication bietet den Duft „Baby-Soft“ an, der wie Babyhaut riecht.

 

Deren Chef behauptet, die Frauen hätten sich dadurch „jünger und schöner“ gefühlt. Hanns Hatt hält das für durchaus möglich: „Ich denke, dass jedes Spa in irgendeiner Form Düfte einsetzt.“

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