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Einkaufen mit Termin und Corona-Test: Neue Regeln sorgen für "Untergangsstimmung"

Erst testen, dann shoppen – das gilt in vielen Geschäften und Regionen ab Montag in Bayern. Der Start in die neue Woche war für die Verantwortlichen alles andere als zufriedenstellend.
von  AZ/dpa
Wer in München shoppen will, braucht wohl auch bald einen negativen Corona-Test. (Archivbild)
Wer in München shoppen will, braucht wohl auch bald einen negativen Corona-Test. (Archivbild) © Sigi Mueller

München - In Regionen mit hohen Corona-Infektionswerten können Menschen ab Montag viele Geschäfte nur noch mit Termin und negativem Test betreten.

Der bayerische Einzelhandel befürchtet, dass die neuen Vorschriften noch mehr Menschen vom Einkaufen abhalten. "Leider ist es so, dass das Einkaufen dadurch noch schwieriger gemacht wird", sagte Handelsverband-Geschäftsführer Bernd Ohlmann in München. Der Aufwand sei so groß, dass vermutlich noch mehr Kundinnen und Kunden lieber im Internet bestellten als ins Geschäft zu gehen.

Einzelhandel startet schlecht in die neue Woche

Und so kam es dann auch: Der bayerische Handel ist mit den neuen Regelungen recht schlecht in die Woche gestartet: "Ein Händler hat mir gesagt: 'Es ist Montag, mieses Wetter und Untergangsstimmung'", fasste Ohlmann die Lage am Montagmittag zusammen. Viele Händler würden angesichts der nun geltenden Regeln "die Hände über dem Kopf zusammenschlagen". 

Ab Montag dürfen Geschäfte in Städten und Landkreisen mit einer 7-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner zwischen 100 und 200 für Kunden öffnen, wenn diese zuvor einen Termin gebucht und ein negatives Testergebnis haben. Bislang galt: Liegt die Inzidenz dauerhaft über 100 darf überhaupt nicht geöffnet werden.

"Da würde man zunächst denken, dass das eine Verbesserung ist", sagt Ohlmann. "Aber dadurch, dass die Messlatte so hoch gelagert ist, ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein." Das Interesse der Kunden sei bisher nur sehr gering, und auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigten, dass der Umsatz sinke. "Für viele Unternehmen stellt sich da die Frage, ob der Aufwand den Nutzen wert ist", sagt Ohlmann.

Bei einem PCR-Test darf das Ergebnis nach Beschluss der Staatsregierung maximal 48 Stunden alt sein, bei einem Schnelltest maximal 24 Stunden. Ausgenommen davon sind der Lebensmittelhandel, Drogerien, Optiker und sonstige "für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte".

Für die Schnelltests gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Wirtschafts- und Gesundheitsministerium klarstellten. Danach können die Einzelhändler Schnelltests vor ihrem Geschäft oder in geeigneten Räumen anbieten. Diese müssen sie dann aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger öffnen. Oder Kundinnen und Kunden lassen zuvor bei einer Teststelle einen Abstrich machen und bringen den Nachweis mit.

Neuer Selbsttest für neuen Laden nötig

Eine weitere Möglichkeit seien Selbsttests vor oder in dem Laden "unter Aufsicht des Betreibers", teilten die Ministerien mit. Ob diese zur Verfügung gestellt werden oder Kunden diese selbst mitbringen, müssten die Einzelhändler selbst festlegen. Es werde außerdem daran gearbeitet, Selbsttests mit digitalem Nachweisen zu kombinieren, so dass danach auch andere Geschäfte betreten werden könnten.

Bis dahin müssen Kunden aber jedes Mal einen neuen Selbsttest machen, bevor sie ein anderes Geschäft betreten – selbst wenn es noch am selben Tag ist. "Das ist ein enormer bürokratischer Aufwand", sagte Ohlmann. Viele Einzelhändler seien deshalb verärgert und verunsichert. Er gehe davon aus, dass viele von ihnen "Click & meet" - also Einkaufen mit Termin - nicht anbieten werden, weil es sich für sie nicht lohne.

Inzidenz in Bayern steigt weiter

Die Test-Vorschriften gelten ab Montag auch für Baumärkte, Gärtnereien, Blumenläden, Schuhgeschäfte und Buchhandlungen, die bisher unabhängig von Inzidenzwerten öffnen durften. Diese Änderung habe am Montag häufig zu Problemen geführt, weil Kunden überrascht wurden. "Die standen dann verwundert vor der Türe und waren wütend, wenn sie nicht rein durften", sagte Ohlmann. Auch hier sei der Handel vor Ort wieder einmal das Ventil und bekomme den Ärger der Menschen ab.

"Viele Buchhändler haben zuletzt ihre Lager gefüllt, um für die Kunden vorbereitet zu sein", beklagt der Landesverband des Börsenvereins des deutschen Buchhandels. Manche hätten dafür sogar Kredite aufgenommen, im Vertrauen, weiter öffnen zu dürfen. Nun sei die Verunsicherung groß. Beim Bundesverband Heimwerken, Bauen, Garten kritisiert man die Umstellung ebenfalls.

In den meisten Städten und Landkreisen in Bayern wird damit dann großenteils nur Termin-Shopping möglich sein: Am Montag lag die 7-Tages-Inzidenz im Freistaat bei 153,3. Elf Städte und Landkreise lagen unter dem kritischen Grenzwert von 100.

Der Handelsverband Bayern fordert dennoch, alle Läden zu öffnen. "Wir müssen weg von den starren Inzidenzen", sagte Ohlmann. Die Lebensmittelgeschäfte hätten in den zurückliegenden Monaten bewiesen, dass das Infektionsrisiko im Einzelhandel gering sei. Dort gebe es täglich sechs Millionen Kundenkontakte. Bisher sei aber keine einzige Infektion nachgewiesen worden.

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