Einkaufen bis 22 Uhr in Bayern? FW-Mann startet Attacke auf den Ladenschluss

Michael Piazolo von den Freien Wählern will die Öffnungszeiten werktags liberalisieren: Bis 22 Uhr soll offen sein – notfalls auch per Volksbegehren.
Thomas Müller |
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Offen bis 22 Uhr: Diese Öffnungszeit will Michael Piazolo von den Freien Wählern auch für Bayern.
Arne Dedert/dpa Offen bis 22 Uhr: Diese Öffnungszeit will Michael Piazolo von den Freien Wählern auch für Bayern.

Was Bayern und das Saarland gemeinsam haben? Eigentlich nichts. Bis auf eines: fast die gleichen restriktiven Ladenöffnungszeiten. Am Sonntag ganz zu (bis auf wenige Ausnahmen wie Marktsonntage). Und werktags spätestens Schluss um 20 Uhr mit dem Einkauf. Seit 2003 gilt diese bundesrechtliche Regelung in Bayern – ein eigenes weiß-blaues Ladenschutzgesetz kam seither keines zustande. Was sich jetzt – wieder mal – ändern soll. Notfalls per Volksbegehren.

Michael Piazolo, Landtagsabgeordneter und Generalsekretär der Freien Wähler, ist die derzeitige Rechtslage ein Dorn im Auge. Bloß bis 20 Uhr? "Das ist eigentlich nicht mehr vermittelbar", sagt er der AZ. Vor allem angesichts des 24-Stunden-Online-Handels und veränderter Lebens- und Arbeitswelten. Der klassische Arbeitstag – "Nine to Five" werktags – "das ist heutzutage ja längst nicht mehr die Regel".


Michael Piazolo (FW). Foto: dpa

Piazolos Forderung: Einkaufen Montag bis Samstag 6 - 22 Uhr 

Was dem Thalkirchner vorschwebt: Montag bis Samstag 6 bis 22 Uhr. "Diese maßvolle Anpassung reicht völlig aus", so Piazolo. Zwölf Stunden längere Öffnungszeiten pro Woche seien ausreichend, meint er, ausreichend für den stationären Einzelhandel, den er stärken und die Innenstadt abends beleben möchte, aber auch tragbar für die Beschäftigten.

Von gänzlich liberalisierten Öffnungszeiten wie etwa in Berlin, wo es völlig normal ist, auch um Mitternacht noch einkaufen gehen zu können, hält er dagegen nichts. "Das ist doch die blanke Utopie", so der 58-Jährige. Ebenso wie das Shoppen am Sonntag: "Der bleibt unangetastet – an einem Tag in der Woche muss Ruhe sein."

Diese Flanke will er, im Unterschied zur FDP, gar nicht erst aufmachen, sich keinesfalls mit den Kirchen anlegen. Zumal der Widerstand gegen liberalisierte werktägliche Zeiten ohnehin erheblich ist durch Gewerkschaften und SPD.

Fraglich bleibt daher, wie Piazolo sein Ziel durchsetzen möchte, zumal auch die Freien Wähler sich in dieser Frage keineswegs einig sind – das Stadt-Land-Gefälle in der Partei ist erheblich. Der FW-Generalsekretär hat daher die Initiative "Verein zur maßvollen Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in Bayern" gegründet. Ein bisserl sperrig kommt sie daher – "der Name war ein Kompromiss", sagt Piazolo fast entschuldigend. Immerhin: Ein Gesetzesentwurf ist schon erarbeitet worden – "noch in dieser Legislaturperiode" soll er eingebracht werden.

Die CSU scheut das Thema Ladenschluss wie der Teufel das Weihwasser

Bleibt noch die CSU. Ohne die geht ja (noch) nichts im Landtag. Was die Freien Wähler erst 2014 zu spüren bekamen, als ihr erster Vorstoß für eine Liberalisierung beim Ladenschluss (damals ging’s aber vor allem um Tourismusregionen) glatt abgebügelt wurde.

Überhaupt scheut die CSU das Thema Ladenschluss ja wie der Teufel das Weihwasser. Schuld daran ist Edmund Stoiber. Unvergessen die legendäre Fraktionssitzung im November 2006. Bei der Abstimmung über Öffnungszeiten bis 22 Uhr, für die Stoiber geworben hatte, kam es zum Patt: 51 Abgeordnete stimmten dafür, 51 dagegen. Stoiber hätte mit seiner Stimme das Ganze entscheiden können – fehlte aber bei der Abstimmung. Das war’s.

Seither tut sich an der Ladenöffnungszeiten-Front in Bayern gar nichts mehr. Woran auch das FDP-Intermezzo in der Staatsregierung (2008 bis 2013) nichts geändert hat – beim Ladenschluss konnten sich die Liberalen damals nicht durchsetzen. Und Horst Seehofer – der zurzeit sicherlich einige Probleme hat, nur eines gewiss nicht: den Ladenschluss – betont ja seit Jahren, dass es mit ihm keine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten geben wird.

Was bleibt, ist das Volk. "Im äußersten Fall muss es dann sicherlich ein Volksbegehren richten", sagt Piazolo. Er warnt aber davor, das direktdemokratische Instrument überzubewerten. Rund 950.000 Stimmen in zwei Wochen zusammenzutragen, "ist ein riesiger Aufwand und schon ein Haufen Holz", weiß Piazolo.

Kein Wunder, ist er doch in Sachen Volksbegehren der Freien Wähler ein gebranntes Kind. Beim "Nein zu Studienbeiträgen in Bayern" beteiligten sich 14,9 Prozent der Stimmberechtigten – ein Erfolg. Beim "Ja zur Wahlfreiheit zwischen G9 und G8 in Bayern" 2014 waren’s nur 2,9 Prozent – eine herbe Schlappe.

Sicherlich ist ein Volksbegehren zum Ladenschluss noch Zukunftsmusik. Der Weg zum längeren Einkaufen in Bayern, so viel ist klar, wird ein steiniger sein.

Ladenöffnungszeiten - das gilt in anderen Bundesländern

Bundesland  Montag - Freitag Samstag Sonntag
Baden-Württemberg 0-24 Uhr 0 - 24 Uhr 3 So./Fei./Jahr
Bayern 6 - 20 Uhr 6 - 20 Uhr geschlossen
Berlin 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 10 So./Fei/Jahr
Brandenburg 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 6 So./Fei/Jahr
Bremen 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 4 So./Jahr
Hamburg 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 4 So./Jahr
Hessen 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 4 So./Fei./Jahr
Mecklenburg-Vorpommern 0 - 24 Uhr 0 - 22 Uhr 4 So./Jahr
Niedersachsen 0 - 24 Uhr 0 - 24 Uhr 4 So./Fei/Jahr
Nordrhein-Westfalen 0 - 24 Uhr 0 - 22 Uhr 4 So./Fei/Jahr
Rheinland-Pfalz 6 - 22 Uhr 6 - 22 Uhr 4 So./Fei/Jahr
Saarland 6 - 20 Uhr 6 - 20 Uhr 4 So./Jahr
Sachsen 6 - 22 Uhr 6 - 22 Uhr 4 So./Jahr
Sachsen-Anhalt 0 - 24 Uhr 0 - 20 Uhr 4 So./Fei/Jahr
Schleswig-Holstein 0 - 24 Uhr 0 - 24 uhr 4 So./Fei/Jahr
Thüringen 0 - 24 Uhr 0 - 20 Uhr 4 So./Fei/Jahr

 

Lesen Sie hier: Kohle-Aus! So geht's nach dem Bürgerbegehren weiter

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