Einfach zu leicht: Radler sehen Rot

Sie ignoriert einen. Gnadenlos. Da hilft kein Zetern und kein Schreien. Kein Winken. Sie nimmt einen einfach nicht wahr. Als wäre man Luft. Die rote Ampel - ein Münchner Ärgernis.
von  Abendzeitung
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Sie ignoriert einen. Gnadenlos. Da hilft kein Zetern und kein Schreien. Kein Winken. Sie nimmt einen einfach nicht wahr. Als wäre man Luft. Die rote Ampel - ein Münchner Ärgernis.

Wer als Radlfahrer vor der roten Ampel „An der Feuerwache/Blumenstraße“ steht, kann warten, bis er schwarz wird. „Das ist wahrscheinlich technisch bedingt, weil der Induktionsstreifen aufgrund des Gewichtes nicht erkennt, dass da einer steht!“, mutmaßt Jürgen Marek vom Baureferat. „Der Radlfahrer ist quasi zu leicht.“ Zu leicht, um die Straße überqueren zu dürfen? Na sauber. Dann ist die Sache aussichtslos. Pommes, Schoko, Chips – nicht einmal mit einem ausgeklügelten Anti-Diätplan würde es gelingen, das Durchschnittsgewicht eines Autos von gut 1000 Kilo zu erreichen. Bleiben zwei Möglichkeiten:

In die Pedale treten und kamikazemäßig die Blumenstraße überqueren. Das ist zwar nicht ungefährlich und außerdem strengstens verboten, aber wenigstens bleibt ein gutes Gefühl. Der Radler hat die rote Ampel mit ihren eigenen Waffen geschlagen: Er hat sie einfach ignoriert. Auge um Auge, Zahn um Zahn. . .

Wer Verkehrsverstößen weniger zugeneigt ist, hat keine Wahl. Er muss warten, bis endlich ein motorisierter Zeitgenosse angefahren kommt. Flugs wird die Ampel grün. Und der Radler kann quasi im Windschatten des Autos über die Straße huschen. Blöd nur, wenn kein Auto kommt. Und es regnet. Und man eigentlich eh schon zu spät dran ist. Alles in allem: Eine erniedrigende Lösung. Eine diskriminierende.

Da klagen die Autofahrer immer, dass es keine Grüne Welle in München gebe. Aus der Perspektive des Radlfahrers an der Feuerwache ist das nur eines: ein echtes Luxusproblem. Jammern auf hohem Niveau. „Grüne Welle?“ denkt der wartende Radler. „Wie wär’s für den Anfang mit grünen Intervallen?“ Das Baureferat versprach, daran zu arbeiten. Julia Lenders

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