Einfach ausgesetzt: Ferien-Opfer im Tierheim in Riem
Es ist jeden Sommer das gleiche Drama: In der Ferienzeit herrscht Ausnahmezustand im Münchner Tierheim. 30 Prozent mehr Vierbeiner und Vögel müssen dann versorgt werden – weil sie den Urlaubsplänen ihrer Besitzer im Weg standen, deshalb abgegeben oder einfach ausgesetzt wurden.
Die Folgen: Rund 900 Tiere warten derzeit in Riem auf ein neues, besseres Zuhause. Sämtliche verfügbaren Zimmer des neuen Katzenhauses sind belegt. Wer seinen Stubentiger dort unterbringen möchte, bekommt maximal einen Platz auf der Warteliste.
Ferien-Opfer: 80 Samtpfoten in Riem abgegeben
„Vor allem die Zahl der ausgesetzten Kleintiere – also Kaninchen, Mäuse und Ratten – ist stark angestiegen“, sagt Judith Brettmeister vom Tierschutzverein. „Ganz nach dem Motto: Was in der Anschaffung so gut wie nichts kostet, kann man bedenkenlos wieder entsorgen.“
Aber auch Katzen werden immer öfter zu Ferien-Opfern. Seit Beginn der Urlaubszeit wurden 80 Samtpfoten in Riem abgegeben – mit unterschiedlichsten Begründungen, weil kaum jemand zugibt, dass der Tiger die Traumreise gefährdet.
Außerdem wurden seit 1. August rund 50 Katzen gefunden – und nur 16 davon wieder abgeholt. Zwei Fundkatzen waren so krank, dass die eine starb und die andere eingeschläfert werden musste.
Bei Vögeln und Kaninchen verhält es sich ähnlich: Seit Anfang August fingen Tierfreunde in München 18 Wellensittiche ein – nur in einem einzigen Fall meldete sich der Besitzer. In derselben Zeit tauchten im Stadtgebiet 26 „herrenlose“ Kaninchen auf, etliche davon krank oder verletzt.
Während die Mitarbeiter des Tierschutzvereins bei vielen Katzen, Wellensittichen und Kaninchen nur vermuten, dass sie ausgesetzt oder fliegen gelassen wurden, weil sich niemand nach ihrem Verbleib erkundigt, waren die folgenden Begebenheiten eindeutig: Ende Juli, wenige Tage vor Ferienbeginn: Im Forstenrieder Park finden Spaziergänger eine Box mit drei Ratten-Weibchen. Eine hat einen Tumor am Bein, eine andere eine Bissverletzung am Rücken. Die Besitzer? Haben sich aus dem Staub gemacht.
27. Juli: In Haar binden Unbekannte ihre Terrier-Mischlingshündin – die Tierheim-Pfleger haben sie Nelly getauft – an einen Baum und lassen sie dort zurück. Nellys Näpfe, ihr Spielzeug, Kotbeutel, eine Bürste und ein Halsband legen sie in einer Plastiktüte neben das Tier. Weil die Hündin nicht gechippt ist, können die herzlosen Besitzer nicht ermittelt werden.
4. August: Besucher wundern sich über eine Holzkiste, die am Eingang des Waldfriedhofs abgestellt wurde. Als sie den Deckel öffnen, entdecken sie darin rund 30 Farbmäuse, die teils erst ein paar Tage alt sind. Andere sind trächtig – und sorgen im Tierheim später für ordentlich Nachwuchs.
25. August: In einem Gebüsch an einer Autobahnraststätte fiept es aus einem Umzugskarton. Eine aufmerksame Autofahrerin sieht nach – und findet eine Mutterkatze mit zwei wenige Wochen alten Jungen in der Kiste. Äußerst merkwürdig: Bevor sie ausgesetzt wurden, hat man die Tiere offenbar mit Kokos-Öl eingerieben.
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