Eine Parklizenz – und trotzdem 15 Strafzettel
Warum ein Münchner Rentner Dauer-Ärger mit der Stadt hat – und ein Kommunalpolitiker dem KVR sogar mit Anzeige droht.
München - Gerhard Kohlers Parkwapperl-Aktenordner wächst und wächst. Immer wieder bekommt der Rentner aus der Au Strafzettel wegen Falschparken, obwohl er eine gültige Parklizenz hat: Weil sie angeblich nicht zu sehen ist. Immer wieder erhebt er Einspruch. Und bekommt Recht: „Ich habe in 15 Fällen noch nie einen Cent bezahlt.“
Doch jetzt hat er in einem besonders hartnäckigen Fall den CSU-Stadtrat Robert Brannekämper um Hilfe gebeten. Es ging um ein Falschpark-Pickerl, das irrtümlich Kohlers Frau verpasst wurde, obwohl ihr Mann der vermeintliche Übeltäter (mit Parklizenz) war. Kohlers fristgerechten Einspruch gegen den Bescheid hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) nach eigener Aussage nie bekommen. Allerdings konnte der Autofahrer die Behörde davon überzeugen, dass seine Frau mit der Sache nichts zu tun hat. Das änderte aber nichts daran, dass das KVR das Verfahren gegen sie weiter betreibt. „Die Bußgeldstelle hat es schwarz auf weiß, dass das falsch ist. Aber sie tut nichts“, schimpft Gerhard Kohler.
„Da muss etwas in der Struktur des KVR schief laufen“, vermutet Stadtrat Brannekämper. „Es gibt keine Erklärung dafür, dass das nicht zu ändern ist.“ Schon vor gut drei Monaten hat er KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle persönlich auf den Fall angesprochen, ihn gebeten, für eine Einstellung des Verfahrens zu sorgen und ihn mit allen Unterlagen dazu versorgt. Effekt: gleich null.
Das ergrimmte den KVR-Koreferenten (also den Stadtrats-Aufpasser für die Behörde) derart, dass er Blume-Beyerle schriftlich ankündigte, das KVR nach Paragraph 344 Strafgesetzbuch anzuzeigen – wegen Verfolgung Unschuldiger. Der Kommunalpolitiker setzte eine Frist zur Einstellung des Verfahrens bis zum heutigen Montag: „Ich weiß nicht, was ich sonst noch machen soll.“
Auf AZ-Anfrage erklärte KVR-Sprecherin Daniela Schlegel: „Uns ist ein offensichtlicher Fehler unterlaufen, den wir bedauern. Das Verfahren wird jetzt eingestellt.“
Robert Brannekämper hört das Schuldeingeständnis mit Genugtuung – aber er hat so seine Zweifel über die Konsequenzen. Denn ihm wurde gerade erst im KVR erklärt, in diesem Fall seien längst alle Fristen abgelaufen. Was bedeuten würde: Eine Einstellung ist gar nicht möglich. Höchstens eine Aussetzung des Vollzugs. Gerhard Kohlers Fazit: „Die Geschichte hat ein Dreivierteljahr gedauert, nur mit größtem Einsatz haben wir etwas erreicht – ein Skandal.“ Und damit denkt der Münchner auch an die, die sich nicht wie er wehren – und brav zahlen.
Wohin mit der Lizenz?
Das Dokument muss „von außen gut lesbar“ sein
Wie muss eine Parklizenz im Auto ausgelegt werden, damit Kontrolleure sie sehen können? Diese Frage ist der Auslöser der Dauer-Fehde zwischen Gerhard Kohler und dem KVR.
Der Rentner fährt einen Madza-Roadster, von dessen Ablagen das Dokument bei offenem Dach davonfliegen würde. Daher hat er es an der Sonnenblende befestigt. Wenn er parkt, klappt er diese ans linke Außenfenster. Wer sich etwas bückt (das Auto ist niedrig), kann sie sehen. Zusätzlich hat der Mann aus der Au noch einen Aufkleber mit seinen Lizenz-Daten links oben unter die Windschutzscheibe geklebt.
Strafzettel bekommt er trotzdem reichlich. Mit Begründungen wie: „Eine PALI liegt zerknüllt in einem Fach vorne Windschutzscheibe“ oder „Bewohnerausweis steckt im Zwischenfach nichts lesbar“. Gerhard Kohler ist kein Einzelfall, die Lizenzen liegen nicht immer „von außen gut lesbar aus“, wie es auf ihrer Rückseite verlangt wird. Um in solchen Situationen den Autobesitzern und der Behörde Nerverei und Zeit zu (er)sparen, hat das KVR ein Pilotprojekt gestartet: Ein eigens abkommandierter Innendienst-Mitarbeiter kann rasch für die Parkschandis rausfinden, ob es für das kontrollierte Auto eine Lizenz gibt. hu
- Themen:
- Kreisverwaltungsreferat