Eine (nicht nur) ausgeliehene Liebe

Eine Oma-Vermittlung hat zwei Schwestern neue Großeltern beschert. Vor einigen Jahren hat die Caritas in Ottobrunn das Projekt ins Leben gerufen und es wurde ein voller Erfolg.
von  Abendzeitung
Marlene, Leih-Oma Inge Magg und Emelie (von links): Der kleine Brunnen im Garten der Maggs hat den Mädchen gleich gefallen.
Marlene, Leih-Oma Inge Magg und Emelie (von links): Der kleine Brunnen im Garten der Maggs hat den Mädchen gleich gefallen. © Gregor Feindt

OTTOBRUNN - Eine Oma-Vermittlung hat zwei Schwestern neue Großeltern beschert. Vor einigen Jahren hat die Caritas in Ottobrunn das Projekt ins Leben gerufen und es wurde ein voller Erfolg.

Es war ein Schulaufsatz, der für die kleine Marlene alles änderte. „Ich wünsche mir eine Oma“, schrieb die Achtjährige darin. Ein Wunsch, der unerfüllbar schien: Die Großeltern des Mädchens sind seit Jahren tot. Doch seit eineinhalb Jahren haben Marlene und ihre Schwester Emelie (3) tatsächlich wieder eine Oma.

Es ist früher Nachmittag in Ottobrunn. Inge Magg holt ihre neuen Enkelinnen aus dem Kindergarten und der Schule ab. Marlene stürmt auf die 64-Jährige zu, fällt ihr in die Arme. Emelie will unbedingt Händchen halten und plappert wie ein Wasserfall. „Gibt's heute wieder Schokopudding, Oma?“ Wer es nicht besser weiß, der kann nur glauben, dass Inge Magg tatsächlich die Großmutter der beiden Mädchen ist. Doch das ist sie nicht – zumindest auf dem Papier. Sie ist „nur“ ihre Leih-Oma.

Bisherige Bilanz: 33 Leih-Omas und 3 Leih-Opas

Vor einigen Jahren hat die Caritas in Ottobrunn das Vermittlungs-Projekt ins Leben gerufen, das auch Inge Magg und ihre beiden Wahl-Enkelinnen zusammenbrachte. Ein voller Erfolg – denn nicht nur die kleine Marlene hatte Sehnsucht nach einer Großmutter. Mittlerweile kümmern sich 33 Leih-Omas und 3 Leih-Opas im südöstlichen Landkreis München um Kinder aus 40 Familien. Für die Betreuung bekommen sie eine kleine Aufwandsentschädigung von 5,50 Euro pro Stunde. Doch das Geld ist für kaum jemanden der Grund, sich zu engagieren. „Es geht um die Liebe“, erklärt Inge Magg. Was kitschiger klingt als es tatsächlich ist.

Nur im ersten Moment war Marlene ein klein wenig enttäuscht: „Ich dachte, die Oma hat graue Haare“, erzählt sie. Dabei sind die Haare von Inge Magg braun. Ein echter Makel – mit den Augen eines Kindes betrachtet. Doch die Skepsis hielt nicht lange an. Die Leih-Oma besuchte die Mädchen zuerst zuhause, lernte deren Eltern kennen und prüfte, ob die Chemie stimmt. Und sie stimmte.

Schon bald kamen die Kinder jeden Freitag zu ihr heim. Nur die damals noch zweijährige Emelie fremdelte im ersten Jahr. Sie war abweisend und folgte nicht. Aber Inge Magg ließ sich nicht beirren – und eroberte das Herz des Kindes mit viel Geduld. „Ich hab sogar schon hier übernachtet“, verkündet Emelie jetzt stolz.

Die Mutter schwärmt

Die Mutter der beiden Mädchen gerät ins Schwärmen, wenn sie über den gemieteten Familienzuwachs spricht: „Die Maggs sind echte Traum-Großeltern. Wir hatten viel Glück.“ Sie nutzt die freien Freitagnachmittage, um länger in der Bank zu arbeiten. Doch auch über diese Stunden hinaus sind die Maggs zu einer festen Größe im Familien-Alltag geworden. Kinder-Geburtstage ohne Oma und Opa? Undenkbar!

Eigentlich haben Inge und ihr Mann Peter Magg auch „echte“ Enkelkinder, fünf und acht Jahre alt. Doch diese wohnen in Gröbenzell, man sieht sich nur alle 14 Tage. Marlene und Emelie kommen dagegen jede Woche. „Ich liebe meine Enkelkinder genauso wie diese beiden“, sagt Inge Magg. Trotzdem hat sie ihre richtigen Enkel um Erlaubnis gefragt: „Seid ihr beleidigt, wenn die anderen Kinder Oma und Opa zu uns sagen?“ Das sind sie nicht. Und so haben die Maggs jetzt vier Enkel. Und Marlene hat die Großmutter, die sie sich so sehr gewünscht hat.

Julia Lenders

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