Eine gehörnte Witzfigur – da lacht der Radlrambo

„Ich bin ein Joker und kein Clown und muss den Leuten auf die Finger schaun.“ Münchens komische neue Image-Kampagne.
von  Abendzeitung
Der Radl-Joker
Der Radl-Joker © Gregor Feindt

„Ich bin ein Joker und kein Clown und muss den Leuten auf die Finger schaun.“ Münchens komische neue Image-Kampagne.

Zeit, dass wieder Recht und Ordnung auf Münchens Radlwegen einkehren. Die Herrschaft der Radlrambos, der Rotlichtradler und der Geisterradler im Straßenverkehr muss ein Ende haben – und ER soll dafür sorgen: Der Radljoker.

Sein Helm leuchtet in aggressivem orange, es soll eine Narrenkappe sein und erinnert doch eher an einen Wikingerhelm mit Hörnern. Seine Waffen sind eine Pfeife, eine gelbe Karte und eine rote Kelle. Er verwarnt, er diszipliniert und erklärt: „Ich bin ein Joker und kein Clown – und muss den Leuten auf die Finger schau’n!“ Und vielleicht auch hau’n?

Ab sofort werden Radler dem neuen Ordnungshüter häufig begegnen, denn der Radljoker ist der Protagonist einer neuen Imagekampagne, die für München als „Radlhauptstadt“ wirbt. Erdacht wurde das Image und die Gestalt von der Werbeagentur Helios aus Bozen. Sie ist von der Stadt engagiert worden, in den kommenden beiden Jahren den Münchnern die Liebe zum Radl zu lehren. Und dabei soll ausgerechnet ein gehörnter Kasper helfen?

„Der Joker soll eine moralische Instanz sein“, sagt Norbert Bieling, Abteilungsleiter Straßenverkehr beim KVR. Vielleicht helfe die Figur ja, jene Radlfahrer, die Vorschriften missachten zu „sensibilisieren.“ Und Bürgermeister Hep Monatzeder geht noch weiter: „Vielleicht muss der Joker auch mal mit Radlern schimpfen“. Genießt der neue Ordnungshüter also Narrenfreiheit? Monatzeder beteuert: „Er greift nicht in die Verkehrordnung ein – die Aktion ist mit der Polizei abgesprochen.“

Ein Jahr lang soll der Joker auf Radlrambos lauern. Sein Einsatzgebiet sei die Innenstadt, wo häufig gegen die Verkehrsordnung verstoßen werde. Wo genau ist geheim – man setzt auf den Überraschungseffekt. Weniger als zehn Personen (wie viele genau, wird ebenfalls nicht verraten) seien zum Joker „ausgebildet“ worden.

Bezahlt wird das Narrenstück vom Steuerzahler. Die Stadt hat die Radverkehrspauschale im Haushalt von 1,5 auf vier Millionen Euro im Jahr erhöht. Aus diesem Budget werden auch die Kampagne „Radlhauptstadt“ und der Radljoker finanziert. Die Imageoffensive allein kostet eine Million Euro pro Jahr. Das übrige Geld soll in die Infrastruktur fließen. Münchens Radnetz erstreckt sich auf 1200 Kilometer, es sollen noch einige mehr werden. Mehr Fahrradstraßen soll es geben und auch weitere Einbahnstraßen für den Radverkehr, um die Fahrtzeit zwischen Stadtvierteln zu verkürzen. Auch 2000 neue Stellplätze sind geplant.

Das Rad stehe für Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, erklärt Bürgermeister Monatzeder. Schon jetzt seien 14 Prozent der Verkehrsteilnehmer Radler, mehr als in jeder anderen deutschen Großstadt. Am liebten möchte man „Radlhaupstadt“ Europas werden – wie Kopenhagen, mit einer Radler-Quote von 40 Prozent.

Als erster Radljoker ist der Sportstudent und Schauspieler Martin S. (34) am Wochenende in der Stadt unterwegs. Ihn erwartet ein harter Job. Am Donnerstag kontrollierte die Polizei in Schwabing, und erstattete gegen 106 Radler Anzeige. Ein Radlrambo brach sich bei einem Fluchtversuch das Handgelenk. Zuvor hatte er noch einen Beamten überfahren.

Von Reinhard Keck

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