Ein zirkusreifer Heiratsantrag

Gefunkt hatte es damals im Circus Krone. Seitdem sind Nadine und Andreas ein Paar. Am Sonntagnachmittag waren die beiden wieder im Ring. Andreas hatte etwas Wichtiges zu sagen - und 3.000 Menschen hörten mit.
Wie’s so ist in einem großen Unternehmen: Du gehst tagein, tagaus in dein Büro und ahnst gar nicht, was für ein wundervoller Mensch ein paar Stockwerke entfernt seine Arbeit tut. Abends triffst Du Dich mit Freunden im Biergarten, Du führst ein nettes Leben – aber es fehlt etwas. Besser gesagt: Es fehlt jemand. Naja, sagst Du Dir, irgendwann wirst Du SIE oder IHN schon treffen in dieser großen Stadt. Irgendwo wartet die Liebe.
So haben Nadine und Andreas auch gelebt. Sie wussten nichts voneinander. Dabei arbeiten beide beim Teleshopping-Sender HSE24 in Ismaning. Sie (29) als Schmuckeinkäuferin. Er (31) als Produzent. „Unser Betrieb ist so groß, da sind wir uns lange nicht über den Weg gelaufen – eben bis zur Weihnachtsfeier“, sagt er im Flüsterton. „Nadine ist gerade beim Duschen, wir können jetzt reden. Wenn sie reinkommt, tue ich so, als ob ich mit meiner Mutter telefonieren würde. Sie darf ja nichts spitz kriegen.“
Heiratsantrag vor 3000 Menschen
Er ist ein wenig nervös. Schließlich wird er am Nachmittag seiner Freundin einen Heiratsantrag machen – und das vor 3000 Menschen. Im Circus Krone wird ihn der Conférencier in die Manege bitten und ihm das Mikro in die Hand drücken. Klar hat man da Muffensausen.
„Sie wird schon Ja sagen“, flüstert Andreas. „Wir sind schließlich füreinander geschaffen. Das wissen wir seit diesem Abend im Circus.“
Es funkte im Zirkus
Auf den ersten beiden Ringplätzen links saßen sie damals. Kannten sich zwei Monate, waren gute Freunde, nichts weiter. Aber an diesem Abend funkte es. „Meine Hand wanderte nach drüben, zu ihrer und Nadine hat sie nicht weggeschoben. Auf der Heimfahrt habe ich die Hand wieder wandern lassen. Da ist sie dann auch geblieben.“
Seither sind sie ein Paar. Bald schon zogen Nadine und Andreas zusammen, sie wohnen jetzt in Haidhausen. Er kann nicht genug bekommen von ihrer „Ausstrahlung, ihrem Verständnis, ihrer Zuneigung“. Sie ist ganz baff, wie romantisch ein Mann sein kann.
Im Urlaub schenkte sie ihm einen Reitkurs, da war er hin und weg. Jetzt haben sie sich vorgenommen, dass sie in der Freizeit anfangen wollen zu reiten. Sie machen sich ein schönes Leben.
Zwei Melodien vorbereitet
„Ich kann es mir ohne sie nicht mehr vorstellen“, flüstert er. Dann muss das Gespräch ein Ende haben. Nadine kommt. Aus der Dusche.
Drei Stunden später steht Andreas im Eingang des Circus Krone. Es ist ein Raunen und Summen – 3000 Menschen machen ganz schön Lärm. Andreas ist ein wenig blass. Die Nervosität. Eben ist ihm gesagt worden, dass man zwei Melodien vorbereitet habe. „Lover and Marriage“, falls Nadine den Ring akzeptiert. Wenn nicht, wird das „Lied vom Tod“ gespielt.
Ringmeister Nikolai Tovarich sagt: „Ich habe da noch einen jungen Mann, der etwas Wichtiges sagen muss.“ Andreas, einen Zettel in der etwas zittrigen Rechten, steigt über die Manegeneinfassung, bekommt das Mikro. Er sagt, und 3000 hören mit: „Engel, ich kann Dich nicht sehen, aber ich hoffe, gleich bist Du bei mir.“
Die beste Frau der Welt
Und dann steht sie vor ihm. Er erzählt von seiner großen Liebe, die jetzt schon vier Millionen Sekunden dauert und ein ganzes Leben lang halten soll. Er zitiert die Bibel („besser zu zweien als allein“); er sagt, er habe die beste Frau der Welt – und die besten Schwiegereltern. Sie lacht und umarmt ihn.
Gespielt haben sie „Liebe and Marriage“ im Circus Krone gestern um halb drei. So etwas nennt man Happy End.
Detlef Vetten