Ein Zeichen für die Demokratie: Das sagen die Demo-Teilnehmer

München - Bunte Schilder, fröhliche Gesichter und strahlender Sonnenschein: Zu Tausenden haben die Münchnerinnen und Münchner am Samstag ein friedliches Zeichen für die Demokratie gesetzt.
250.000 Menschen auf der Theresienwiese
Mit ihren Freunden, Kollegen und Familien versammelten sich die Menschen unter der Bavaria. Unter dem Motto „Demokratie braucht dich“ hatte der Verein „München ist bunt“ zu einer Kundgebung auf der Theresienwiese aufgerufen. Erwartet wurden etwa 75.000 Personen, die Polizei zählte aber schon vor Beginn der Demonstration über 100.000 Menschen. Zu Spitzenzeiten waren es laut Polizei 250.000 Menschen, die Veranstalter sprechen sogar von 320.000. Das Handynetz jedenfalls ging schon früh in die Knie und blieb über Stunden unbenutzbar.
Die Stimmung an diesem Nachmittag ist ausgelassen, fröhlich, teils ernst, aber auch hoffnungsvoll. Die Demonstrationsteilnehmer zeigen, wie bunt München ist. Und auch wie kreativ. Mit farbenfrohen, selbstgebastelten Plakaten und witzigen Sprüchen senden die Menschen eine klare Botschaft. „Rechts wird nur gestrickt“, steht auf einem Plakat, „Menschenrechte statt rechte Menschen“ auf einem anderen. Auf manchen Plakaten geht es um Demokratie, Aussagen gegen rechts oder auch spezifisch gegen die AfD, um CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und gegen die Migrationspolitik der CDU/CSU.
Nur mit dem Ton lief es nicht ganz so rund. Viele Teilnehmer, die weiter weg von der Bühne standen, beklagten, nichts vom Bühnenprogramm hören zu können. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass so viele Menschen kommen“, sagt Jana Häfner, Sprecherin der Veranstaltung. „Es ist wirklich schade, dass so viele Menschen nichts von dem Programm auf der Bühne mitkriegen konnten.“ Der hohe Andrang zeige jedoch, wie wichtig das Thema ist, so Häfner.
Das sagen die Münchner Demo-Teilnehmer
Was sagen die Besucher zur Kundgebung? Die AZ war zwischen den Demonstranten unterwegs, und hat sie gefragt, warum sie auf der Theresienwiese sind und was sie sich wünschen.
"Wir sind die Generation, die in den Achtzigern schon auf die Demos gegangen ist und es wird einfach höchste Zeit wieder auf die Demo zu gehen", sagt Sabine Schulz-Sembten (63) zur AZ. "Mit der AfD darf es keine Zusammenarbeit geben und mit ihnen zusammen abzustimmen ist Zusammenarbeit."
Auf dem Plakat, das von zwei Personen hochgehalten werden muss, steht "Stopp Rechtsruck für Vielfalt, Menschenrechte Demokratie" in Herzform und bunten Farben. Etwa anderthalb Stunden hat Schulz-Sembten gebraucht, um es zu basteln. Inspiration für das Schild war das Motto "Herz statt Hetze" von "Omas gegen Rechts". Vielfalt sei ihr dabei ein ganz wichtiges Anliegen. "Wir leben einfach in einer vielfältigen Gesellschaft", sagt sie. Es sei wichtig, Vielfalt in jeder Form zuzulassen, schließlich mache das Demokratie aus.

"Man muss einfach zusammenhalten"
Auf Angela Hiermer-Hoffmanns (76) Schild steht "Demokratie für alle". Sie will damit ein Zeichen setzen, vor allem für "Migranten, die es hier so schwer haben". Und auch dafür, "dass man einfach zusammenhalten muss". In den Achtzigerjahren sei sie bereits auf Demos gegangen, und auch für Fridays for Future. Von der Bundestagswahl am 23. Februar erhofft sich die 76-Jährige, dass "die AfD nicht so viele Anhänger bekommt wie befürchtet".

Appell an Friedrich Merz
Tilman Mais (56) Sorge ist, "dass Herr Merz im kommenden Jahr mit der AfD koaliert". Er befürchtet, dass die Grünen und die SPD "nicht genügend Stimmen haben" werden. Auf seinem Schild, das er für die Kundgebung dabei hat, steht "Herr Merz! Wandeln Sie nicht auf den Spuren von Papens". Franz von Papen war Reichskanzler in der Weimarer Republik und habe "auch gedacht, er könnte die Nazis kontrollieren und ist damit krachend gescheitert", so Mai.

"Jetzt ist ein klares Stoppsignal nötig"
"Ich bin hier, um Farbe zu bekennen", sagt Katha Scheiner (36) "und um klarzumachen, dass in der Demokratie Mitsprache wichtig ist." Sie sei nicht zufrieden mit dem, was derzeit im Bundestag passiert und "wie sich Merz an die Rechten ranschmeißt". "Jetzt ist ein klares Stoppsignal nötig", so Scheiner. Auf ihrem Schild hat sie mit Zeichnungen "Hirn und Herz statt Weidel und Merz" dargestellt. "Ich finde, wenn wir bisschen miteinander reden und unser Hirn einschalten, Herz zeigen, dann ist sicher viel möglich", so die 36-Jährige. Weidel und Merz müssten "wirklich nicht sein".

"Wir sind alle Teil dieser Welt"
Daniela Küfner (44) ist am Samstag auf der Theresienwiese, "um die Demokratie zu verteidigen". Auf ihrem Schild steht "Immer nur meckern auf das blöde Scheißsystem, das ist schon bequem! (Und feige außerdem)" und spielt auf einen Song von den Ärzten an. Sie möchte damit die Menschen daran erinnern, wählen zu gehen.
Küfner findet: "Es muss eine Lösung her, wie auch immer die aussieht, aber es kann nicht sein, dass wir Leute, die unseren Schutz brauchen, im Stich lassen und sagen, damit wollen wir nichts zu tun haben. Wir sind Teil dieser Welt – und zwar alle".

Auf die Rückseite ihres Schilds hat Küfner "Hass macht hässlich" geschrieben. "Ich glaube, das erklärt sich von alleine", sagt sie zur AZ. "Hass ist einfach nie die Lösung."
CSU sagt Teilnahme ab
Auf der Veranstaltung waren auch verschiedene Parteien und Organisationen vertreten, darunter die Linke, SPD, Grüne, Fridays for Future, Verdi und viele mehr. Die CSU hatte im Vorfeld bereits angekündigt, die Veranstaltung zu boykottieren, da sie diese als politischen Angriff verstehe.
"Ich hätte mir schon gewünscht, dass die CSU heute kommt und sich die Meinung der Menschen anhört, die für eine offene und vielfältige Gesellschaft stehen", so Micky Wenngatz (SPD), Vorsitzende von München ist bunt. "Sie hätten dann auch hören können, wir alle stehen für die Demokratie und sehen die CSU als demokratische Partei." Eigentlich müsste sie "mit uns den Schulterschluss suchen, um unsere Demokratie zu verteidigen", sagt Wenngatz zur AZ.