Ein wahrlich teurer Skiunfall

Zwei Skifahrer stoßen auf der Piste zusammen, einer von beiden will Schmerzensgeld. Seine Chancen stehen gut nach dem ersten Prozesstag.
von  S. Anfang
Skifahren kann schnell teuer werden - wie ein Prozess vor dem Oberlandesgericht jetzt zeigt. (Symbolbild)
Skifahren kann schnell teuer werden - wie ein Prozess vor dem Oberlandesgericht jetzt zeigt. (Symbolbild) © dpa

Zwei Skifahrer stoßen auf der Piste zusammen, einer von beiden klagt auf Schmerzensgeld. Seine Chancen stehen gut.

München - Wer im Winter gern auf der Skipiste unterwegs ist, kennt sie – oder hat sie zumindest schon mal gesehen: die zehn FIS-Pistenregeln, meist illustriert mit bunten Tieren oder Figuren. Dass man sich diese Comics vielleicht doch noch einmal genauer anschauen sollte, hat am heutigen Mittwoch ein Prozess am Oberlandesgericht (OLG) gezeigt.

Der Unfall geschah im Skigebiet Söll

Da hatte ein Skifahrer einen anderen auf Schmerzensgeld verklagt – und bekommt wahrscheinlich Recht: dank FIS-Regel Nummer drei, die darauf hinweist, dass Skifahrer ihre Fahrweise an die ihres Vordermanns anzupassen haben.

Der Unfall ist schon mehr als ein Jahr her. Im Februar 2015 fuhr Dennis V. (35) die „Hexensechser“-Abfahrt im Skigebiet Söll hinunter. Etwa auf Mitte der Piste stieß er mit Jan G. (Name geändert) zusammen. Für Dennis V., einen Physiotherapeuten, hatte das bittere Folgen: rechts eine Trümmerfraktur des Oberarms, links ein Bruch der Speiche des Unterarms. Mit den Folgen kämpft er heute noch. Von Jan G. wollte der 35-Jährige deshalb 15.000 Euro Schmerzensgeld – weil der nach seiner Ansicht Schuld an dem Unfall trug.

Der Kläger scheiterte zunächst vor dem Landgericht

Vor dem Landgericht hatte Dennis V. zunächst keinen Erfolg. Man könne den Unfallhergang nicht rekonstruieren, so die Richter in Traunstein, deshalb könne die Schuldfrage auch nicht geklärt werden.

Das OLG sieht das bei der Verhandlung jedoch ganz anders. Ein Unfall sei immer schwierig zu rekonstruieren, so der Vorsitzende Richter Wilhelm Schneider. Aber in diesem konkreten Fall sei das sehr wohl möglich.

Richter: "Der Vordermann hat immer recht"

Bei seiner Aussage vor dem Landgericht hatte der beklagte Skifahrer nämlich Folgendes ausgesagt: „Als ich Herrn V. das erste Mal gesehen habe, war er schräg unter mir.“ Und hier kommt die FIS-Pistenregel Nummer drei ins Spiel. Die besagt nämlich, dass Skifahrer ihre Fahrweise immer an die ihres Vordermanns anpassen müssen – also immer damit rechnen müssen, dass dieser die Spur wechselt, in eine andere Richtung fährt, oder bremst. Der Vordermann hat immer recht.

Somit wäre die Schuld von Jan G. bewiesen. Dessen Verteidiger, Christian Keck, versucht noch anzubringen, dass V. schräg gefahren sei und leicht bergaufwärts. Das überzeugt Schneider jedoch nicht. „Das Entscheidende ist für uns, dass Sie derjenige sind, der von oben gekommen ist“, sagt er zum Beklagten.

Dennis V. kann also mit Schmerzensgeld rechnen. Wie hoch, muss das Landgericht jedoch in einem neuen Verfahren entscheiden. Die genaue Höhe will das OLG gestern nicht festlegen, weil in der ersten Instanz dazu die Beweisaufnahme zu dünn war. Das Urteil fällt am 30. November.

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