Ein Rundgang in Bildern: Ab ins Museum!

Bei einem Rundgang durch eines der beliebtesten Münchner Ziele für Touristen, Neugierige und Einheimische zeigt sich, woran es mangelt – und wo die Besucher noch immer fasziniert sind
von  Abendzeitung
Baustelle außen - und innen: das Deutsche Museum
Baustelle außen - und innen: das Deutsche Museum © Petra Schramek

MÜNCHEN - Bei einem Rundgang durch eines der beliebtesten Münchner Ziele für Touristen, Neugierige und Einheimische zeigt sich, woran es mangelt – und wo die Besucher noch immer fasziniert sind

Anton ist Profi. Zehn Mal war der Zwölfjährige schon im Deutschen Museum. Mal zum Geburtstag, mal mit der Schule und oft mit dem Opa. „Der ist ein ganz großer Technik-Fan“, erklärt der Gymnasiast aus Kirchseeon. Doch allmählich werden ihm die Besuche langweilig. „Die könnten hier wirklich mal was ändern“, erklärt Anton. Die meisten Ausstellungen sind im Durchschnitt fast doppelt so alt wie er. An dem einst wichtigsten Technik-Museum der Welt nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Den Museums-Machern mangelt es neben Millionen auch an den nötigen Ideen.

Gleich links nach dem Haupteingang hängt überdimensional der Liebe Gott als alter Mann mit langem Rauschebart, die Erdkugel in der linken Hand. „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, steht über der Stuckatur, die 1951 entstand, als die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Abteilung Bodenschätze wieder eingeweiht wurde. Sie ist für den Zustand des Technik-Tempels bezeichnend: Die Welt hat sich weiter gedreht. Das Deutschen Museum aber ist stehen geblieben und alt geworden. Es ist selbst reif fürs Museum.

Eigentlich wollen Anton und seine Spezl, die diesmal mit ihrer Schulklasse den Wandertag hier verbringen, ins Zentrum Neue Technologien. Erst im vergangenen November wurde die Abteilung eröffnet. Hier sollen Zukunftsthemen der Menschheit diskutiert werden. Für Anton und seine Klasse geht es um das Klonen von Menschen. Ein Wissenschaftler versucht den Siebtklässlern das Thema nahe zu bringen. „Doch der erzählt ewig nur, warum er gegen das Klonen ist“, kritisiert Anton. „Das ist doch langweilig. Allein seine Meinung interessiert doch nicht.“ Spezl Christoph (12) pflichtet ihm bei. „Uns hätte viel mehr interessiert, wie man einen Menschen klont. Das hat er uns nicht erzählt.“ Die Buben hat das gleich abgeschreckt.

Verlockend sehen sie nicht aus, die tristen schiefen Vitrinen, die vom US-Konzern Amgen, dem größten Biotechnik-Unternehmen der Welt, gesponsert wurden. Eher stehen sie wie ein dichter, abweisender Wald dort, wo einst die Lokomotiven gezeigt wurden. Einblick in die Welt der Biotechnik sollen sie geben. Zu Diskussionen anregen, wie weit der Mensch in der Landwirtschaft in die Abläufe eingreifen darf oder soll. Nano-Forschung lautet das Zauberwort. „Nano ist überall“, steht über den Schaukästen.

Sie sind das Vorzeigeprojekt von Wolfgang Heckl, der das Deutsche Museum seit sechs Jahren leitet und selbst Nano-Wissenschaftler ist. Er bohrte einst das kleinste Loch der Welt und schaffte es damit ins Guinness-Buch. In die Köpfe seiner Besucher schafft er es aber nicht.

Anton und seine Freunde sind abgedreht zum Bergwerk. Das kennen sie schon. Und sich ein bisserl gruseln in den nachgebauten, dunklen Stollen ist immer eine Herausforderung. Fast so wie in der Geisterbahn auf der Wiesn.

Für Generationen war das Bergwerk aus den Fünfziger Jahren der Anziehungspunkt – und ist es geblieben. Gemeinsam mit dem Faradayschen Käfig ist es die Attraktion. Rund 30000 Besucher bestaunen jeden Monat, wie die Blitze um die Kugel zucken. Andere Abteilungen dagegen haben ausgedient. Wie Erdöl oder Gas gefördert werden, schaut sich kaum noch jemand an.

Zu einem Atom haben sich die Kinder aus der dritten Klasse auf dem Vorplatz der Nano-Vitrinen aufgestellt. „Ein Atom ist eine Million Mal kleiner als das, was man sehen kann“, erklärt ihnen Manfred Lobjinski (57). Er ist Wissenschaftler im Ruhestand, war acht Jahre für Siemens in Japan. Nun betreibt er ehrenamtlich im Eck ein gläsernes Labor. Dort erklärt er den Kleinen die Nano-Technik mit Glaskugeln. Die Kleinsten sind tausend Mal kleiner als Mehl. Lauter winzige Kügelchen, die in der Flasche aussehen wie Milch. Schüttelt man die, dehnen sie sich aus und schweben wie eine Wolke, um dann wieder zusammenzufallen. Die Kinder sind begeistert. Durch die Reihen mit Nano-Vitrinen geht keiner.

Attraktiv ist dagegen das neue Nano-Labor, das wie ein silbernes Ufo über den dunklen Vitrinen schwebt. Dafür ist der Bio-Leistungskurs der Abiturklasse aus Menden in Nordrhein-Westfalen extra nach München gereist. Organisiert hat es ihr Lehrer Jens Schmitz. „Ein solches Labor kann keine Schule bieten“, erklärt er.

Drei Stunden dürfen sie hier unter Anleitung von Anian Hiekel (30) ein Gen in eine DNA einbauen. Für Hiekel ist es ein interessanter Nebenjob. Er macht gerade seine Doktorarbeit an der Münchner LMU in Biochemie. „Ich möchte den Leuten die Biochemie nahe bringen, weil die Skepsis dagegen sehr groß ist“, sagt er. Die Abiturienten klärt der angehende Doktor der Biochemiker gleich auf, was alles falsch in den Schulbüchern steht. Und er warnt: „Vorsicht, wenn ihr jetzt mit der Pipette arbeitet, die kostet 150 Euro.“

Anfassen würden auch gerne Anton und seine Freunde was. Wie sie sich das Museum der Zukunft vorstellen? „Mit vielen Knöpfen, auf die man drücken kann und dann mit Bildern was erfährt“, sagt Anton. Die alten Experimente also. Bei den Nano-Vitrinen hat man sie durch Touch-Screens ersetzt. Die waren nach einem halben Jahr schon defekt.

Angela Böhm

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