Ein Quickie mit Carmen
Das Lyrische Opern Ensemble feiert mit Bizets Klassiker seine München-Premiere.
Die Antwort kommt aus den Kellergewölben der Seele geschossen: „Ich hasse lange Opern!“ Hector Guedes wirft dazu die Arme theatralisch in die Luft – um gleich darauf versöhnlich zu grinsen. Natürlich meint er das nicht bierernst, der Mann ist schließlich Opernsänger und hätte mit einer solchen Phobie ein Problem. Aber mit seiner Bemerkung steht Guedes nicht allein. „Diese ganzen Opernbandwürmer schrecken doch nur ab. Und ehrlich gesagt: Vieles ist auch schlichtweg überflüssig!“ Deshalb führt der Argentinier seit ein paar Jahren selbst Regie und nimmt die Stücke dabei kräftig in die Mangel. Das Lyrische Opern Ensemble, seit 2005 sozusagen Guedes variable Leib- und Magentruppe, bringt diesen Herbst Georges Bizets „Carmen“ auf die Bühne.
Morgen ist in Unterschleißheim Premiere, dann folgt am Mittwoch das München-Debüt der Crew – und für manches Ensemble-Mitglied ist diese „Carmen“ auch die ganz persönliche Premiere: Junge Sänger haben die Gelegenheit, in einer professionellen Produktion Bühnenerfahrung zu sammeln. Und entdeckt zu werden. Denn im Publikum sitzt nicht nur eine immer größer werdende Fangemeinde, auch Talent-Scouts fahren hier ihre Ohren aus.
Guedes war auch diesmal gnadenlos. Nach „Rigoletto“, „Don Giovanni“ und der „Zauberflöte“ hat er nun die „Carmen“ bearbeitet und auf gerade mal anderthalb Stunden zusammen gestrichen. „Kein Schaden“, betont er, „wir bringen das Essentielle auf die Bühne.“ Und da bleiben die vier Protagonisten, um die sich alles dreht: die Carmen, Micaela, Escamillo und Don José, den Guedes für die interessanteste Figur hält: „Er macht die größte Entwicklung durch, vom braven Bürger zum Verbrecher.“
Auch die Bühne ist aufs Äußerste reduziert: Tücher, ein paar Stühle, ein aufregender Fächer – eine Flamenco-Tänzerin hat mit der Carmen gearbeitet. Dieses Weniger schafft ein Vakuum, das die Sänger ausfüllen müssen. Und können: „Alle haben richtig Feuer gefangen“, betont Guedes, was bei der „Carmen“ ja nicht verkehrt ist. Das Ensemble leistet sich diesmal mit der Camerata München (Leitung: Bernhard Koch) auch ein professionelles Orchester. Früher war’s nur ein Klavier, aber die Reduktion muss sich ja nicht auf Teufel komm raus auf alles beziehen.
Christa Sigg
Bühnen und Karten
Was:Georges Bizets „Carmen“ in einer stark gekürzten Version mit dem Lyrischen Opern Ensemble
Wann und wo:Unterschleißheim, 11. Oktober, 20 Uhr, Bürgerhaus, Karten zu 12 und 17 Euro, Tel.: 310 09-200, www.forum-unterschleissheim.de
München, 15. Oktober und 3. Dezember, 19.30 Uhr, Black Box im Gasteig, Karten zu 35 Euro, Tel.: 54 81 81 81
Dachau, 22. November, 20 Uhr, Ludwig-Thoma-Haus, Karten zu 25, 28 und 30 Euro unter Tel.: 54 81 81 81
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