Ein Münchner in Afrika: Wüste statt Weihnacht

München - Wer Abenteuer erleben möchte, aber lieber nur so ein bisschen, der sollte sonntags Sushi an der Tankstelle kaufen – aber nicht Dieter Scholz zur Goldsuche in die Sahara folgen.
Zimperlich sein ist da keine Option: Da setzt sich der Sand in jeder Ritze fest, setzt sich auch immer wieder der Jeep im Sand fest. Da zwangspausiert die Gruppe schon mal ein paar Tage an der Grenze, weil ein Mehr-oder-weniger-Beamter die Pässe kassiert und sie gern freigekauft hätte, und wer bei einem Plastikstuhl mit einem in die Sitzfläche geschnittenen Loch nicht sofort denkt "Ach, was für eine schöne transportable Toilette!", für den ist die Abenteuerrallye wahrscheinlich zu rau.
"Wer mitfährt, ist schon hartgesotten", sagt Dieter Scholz (71). Regelmäßig führt er solche Jeep-Konvois von München nach und durch Afrika und auch Russland. "Wenn du in Ruhe Marrakesch ansehen willst, nimm’ dir eine Woche Extrazeit – wir fahren zügig. Erst ab Mauretanien wird’s ja richtig interessant."
Am Ende der drei Wochen langen Reise verkauft man die Jeeps
Die nächste Reise zur Goldsuche im Süden Afrikas startet kurz vor Weihnachten: Eine Gruppe bricht am 23. Dezember auf nach Frankreich, setzt von da mit der Fähre über, eine andere startet von Genua zum Treffpunkt in Marrakesch, Marokko.
Die hartgesottenen Zwölf, das sind: Frauen, Männer, Handwerker, Ingenieure – ganz gemischt sei das immer, sagt Scholz. Geschlafen wird in Hotels, Zelten und den Jeeps, die sie am Ende der etwa drei Wochen langen Reise durch Wüste, Savanne und Dschungel wieder verkaufen. Etwa 2.000 Euro zahlt man so für das Scholz’sche Abenteuer. Manche Reisende waren schon sieben Mal dabei.
Autos, Öl, Immobilien – Scholz hat einmal viel Geld verdient mit Dingen, mit denen man sich die Hände schmutzig machen kann, aber nicht muss. Seitdem hat der Schulabbrecher keine finanziellen Sorgen und ist zuverlässiger Sozius für Abenteuersuchende.
Mitten im Nirgendwo: Dieter Scholz mit seiner Reisegruppe. Foto: privat
Er ist einer, der weiß, wie man Bier selbst in der Wüstenhitze kühl bekommt – nämlich in einer nassen Socke am Jeep-Außenspiegel im Fahrtwind – und wie man einen von Grenzern unverschämterweise geforderten Impfstempel mit Kugelschreibertinte und einer Kartoffel selbst bastelt. Mit Soldaten oder Grenzern verhandeln kann er sowieso, auch wenn Scholz keine Fremdsprache spricht. "Man muss nur die Menschen lesen können, dann passt schon alles", sagt er.
Als 1955 der Vietnamkrieg ausbrach, war der erste Gedanke des jungen Scholz: Schnell ins Land, nächstes Jahr sieht man vielleicht nichts mehr davon! "Am Ende des Lebens zählt nur, was man erlebt hat", sagt er.
Reisen erweitert aber nicht zwangsläufig nur den Horizont
Reisen erweitert allerdings nicht zwangsläufig nur den Horizont – es kann dort auch bittergraue Wolken auftauchen lassen. Begeistert erzählt Scholz immer wieder, dass er alles verschenkt, was er auf die Reisen mitnimmt: Kleidung, Schuhe, Bettwäsche, Spielzeug, Brillen – "Wie die sich da freuen! Selbst wenn sie lesen können, geht das oft nicht, weil sie keine Brille haben!" Er berichtet, dass er beim Verteilen achtgibt, dass niemand Andere zur Seite drängt.
Und trotzdem ist da immer wieder ein gewisser Groll darüber, wie "die Menschen" dort "alle" sind, vor allem die Männer. Ob das Verhalten von Menschen nicht vor allem an den Strukturen liegt, in denen sie zurechtkommen müssen? "Ja,", lenkt Scholz ein, "wenn Sie das so sagen, schon."
Dieter Scholz will nicht debattieren, nicht streiten. Er will Abenteuer erleben und Menschen dazu mitnehmen, wie auf diese Tour von München, Deutschland, nach Bissau, Guinea. "Es ist schön", sagt er, "jeder braucht den Anderen, denn dem Millionär nützt seine Million nichts, wenn das Auto im Sand steckt und der Verkäufer besser schaufeln kann als er."