Ein Mammut-Verfahren

60000 haben schriftlich erklärt, dass sie die dritte Startbahn für den Flughafen München nicht wollen. Heute startet das Anhörungsverfahren zur dritten Startbahn.
von  Abendzeitung
In der Computersimulation gibt es sie längst: die dritte Start- und Landebahn des Flughafens im Erdinger Moos.
In der Computersimulation gibt es sie längst: die dritte Start- und Landebahn des Flughafens im Erdinger Moos. © az

60000 haben schriftlich erklärt, dass sie die dritte Startbahn für den Flughafen München nicht wollen. Heute startet das Anhörungsverfahren zur dritten Startbahn.

UNTERSCHLEISSHEIM Der Protest ist riesig: Heute beginnt im Ballhausforum in Unterschleißheim eines der größten Anhörungsverfahren in ganz Deutschland. Gut 60000 Menschen haben schriftlich erklärt, warum die dritte Startbahn für den Flughafen ihrer Ansicht nach auf gar keinen Fall gebaut werden darf. Das sind mehr als doppelt so viele Einwände wie gegen den inzwischen gescheiterten Transrapid! Außerdem müssen mehr als 120 Stellungnahmen der betroffenen Landkreise, Gemeinden und von anderen öffentlichen Stellen abgearbeitet werden.

Die meisten Einwendungen stammen von Bürgern aus Freising, weiß der grüne Landtagsabgeordnete Christian Magerl. „Die Stadt wäre massiv betroffen.“ Im Ortsteil Attaching etwa würde der Flughafenzaun nach dem Bau einer dritten Bahn teilweise die Gartenzäune ersetzen, so Magerl. „Dort müssten die Leute wegziehen.“ Von Allach über Dachau bis nach Sulzemoos – die Liste der Bürgerinitiativen, die sich gegen eine Vergrößerung des Flughafens wehren, ist lang. Sehr lang.

Startbahn-Gegner: Noch ist nichts verloren

„Wir sind immer noch am Anfang des Verfahrens. Noch ist nichts verloren“, schwört Magerl die Startbahn-Gegner ein. Ihr erstes Nahziel: Sie wollen ein neues Gutachten zu den Wachstums-Prognosen des Airports erreichen. Ein Gutachten, das verdeutlicht, dass es keinerlei Bedarf für die Erweiterung gibt. „Fluglinien gehen reihenweise pleite – die momentane Entwicklung gibt uns Recht“, sagt Christine Margraf vom Bund Naturschutz.

Der Riss zwischen Gegnern und Befürwortern des umstrittenen Großprojekts geht auch mitten durchs Münchner Rathaus: „Wir haben immer klar gemacht, dass wir die dritte Startbahn ablehnen“, sagt die grüne Fraktionschefin Lydia Dietrich. Auch der Airport London-Heathrow käme mit zwei Bahnen aus. „Und die Wachstumsprognosen für München sind doch sehr im spekulativen Bereich.“

Unterschiedliche Meinungen im Münchner Rathaus

Anders dagegen die Einschätzung des roten Bündnispartners im Rathaus: „Wir wollen für den Flughafen eine gute Entwicklungsperspektive. Und dazu gehört die dritte Startbahn“, erklärt Fraktionschef Alexander Reissl. Die Konsequenz des rot-grünen Ehekrachs: Bei den Koalitionsverhandlungen nach der Kommunalwahl im März wurde das Thema ausgeklammert. Und nur der Dissens festgehalten, wie es so schön heißt.

Lärmbelästigung, Gesundheitsgefahren, Unfallgefahr – im Anhörungsverfahren muss nun allen Bedenken Raum gegeben werden. An gut 70 Tagen sollen alle Argumente angehört werden, die Termine reichen bis in den April 2009. Jeder, der einen Einwand eingereicht hat, kann teilnehmen – theoretisch also 60000 Menschen. Beim Transrapid-Verfahren aber verirrte sich je nur eine Handvoll Menschen ins riesige Ballhausforum.

Bis Ende der Woche werden als erstes die Anlieger-Gemeinden und Landkreise gehört. Dann folgen weitere Behörden und Verbände. Am 5. Dezember kommt der Bund Naturschutz zu Wort, bevor ab Januar der ganz normale Bürger im Mittelpunkt steht.

Den Beginn der Anhörung begleiteten Startbahn-Gegner heute in der Früh mit einer Demonstration – quasi als kleine Einstimmung auf das Mammut-Verfahren.

Julia Lenders

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