Ein Jahr Rauchverbot: Das sagen Münchner Wirte

Seit genau einem Jahr gilt das Rauchverbot. Manche Kneipen müssen wegen Umsatzeinbußen schließen. Andere haben mehr Familien zu Gast – und nachts Ärger.
von  akk

Seit genau einem Jahr gilt das Rauchverbot. Manche Kneipen müssen wegen Umsatzeinbußen schließen. Andere haben tagsüber mehr Familien zu Gast – und nachts Ärger mit den Nachbarn

München - Ein Jahr qualmfrei – und ein Jahr Ärger mit Anwohnern. Auf diesen Nenner lässt sich das Rauchverbot in Bayern verknappen.

Die Meinungen darüber, wie gut das Verbot klappt, gehen auseinander. „Es ist gut angenommen worden, vor allem in Speisewirtschaften“, sagt etwa Daniela Schlegel, Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats. Das KVR verhängt bis zu 1000 Euro Ordnungsgeld, wenn ein Wirt erwischt wird, wenn er seine Gäste im Lokal rauchen lässt. Die Probleme hielten sich laut Schlegel aber „sehr in Grenzen“.

Auch Großgastronom Marc Uebelherr hat mit dem Verbot gute Erfahrungen gemacht. „Ich kann es mir gar nicht mehr anders vorstellen“, sagt der Wirt von Lokalen wie „Zoozie’s“, „Ocui“, „Ksar“ oder „Salotto“ – lauter angesagte Lokale, die auch nachts gut gefüllt sind. Die befürchteten Umsatzeinbußen habe er nicht: „Im Gegenteil. Das Frühstücks- und Nachmittagsgeschäft läuft besser, weil wieder mehr Familien kommen.“

Auch Arne Brach von der Bar „Jennifer Parks“ mag sich nicht über ausbleibende Gäste beschweren: „Aber ich habe 1000 Euro mehr Ausgaben pro Monat, weil ich Türsteher bezahlen muss, die draußen für Ruhe sorgen.“ Sonst gebe es Ärger mit den Nachbarn. Brach: „Mehr Nichtraucher kommen auch nicht, wie so oft prophezeit wurde.“ Getroffen hat das Rauchverbot vor allem kleine Kneipen und Boazn, in denen gekartelt wurde.

„Die Schafkopf- und Kartenspielrunden verlegen sich in den privaten Bereich. Das ist schade für die bayerische Wirtshauskultur“, sagt Franz Bergmüller, Wirt und Landesvorsitzender des Vereins zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur.

Den Volksentscheid hatte der heutige ÖDP-Vorsitzende Sebastian Frankenberger initiiert. Bis heute bekommt er nach eigener Aussage Beschimpfungen und Morddrohungen. Entmutigen lässt er sich nicht. „Wir brauchen eine einheitliche Regelung für ganz Deutschland, am besten für ganz Europa.“

AZ-Meinung: Rauchzeichen

 

Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur der AZ, über das Rauchverbot.

Einvernehmlich qualmen und sparen

Rauchen in Münchner Kneipen – das hat was von Whiskey trinken im Chicago der 20er Jahre: Es ist verboten, trotzdem machen es (immer noch) viele. Nach meinen subjektiven Erfahrungswerten als Nichtraucher wird in mindestens einem Drittel der Münchner Wirtschaften gequalmt: meist erst nach 0 Uhr, mancherorts ganztägig.

 

Zur Klarstellung: Mich amüsiert das, und ich halte das noch nicht einmal für so verdammenswert wie Falschparken. Denn meist wird im kompletten Einvernehmen gequalmt: Wenn zu vorgerückter Stunde eh nur Stammgäste da sind, kommen die Aschenbecher auf die Tische. Die Raucher bekommen leuchtende Augen, und wir können weiter quatschen, ohne dass jemand raus muss. Das passiert jeden Abend in dieser Stadt.

In einigen wenigen Wirtschaften wird einfach immer gepafft. Ein findiger Wirt hat sogar ein Sparschwein auf den Tresen gestellt – für jede Kippe eine kleine Spende. So will er irgendwann mal die fällige Strafe zahlen.

 

 

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