Ein Italiener soll die Schrannenhalle retten
Die Gastro-Kette Eataly übernimmt die gesamte Markfläche der Münchner Schrannenhalle – Käfer, Milka und die kleineren Händler müssen raus.
München - Selbstgemachte Pasta, dazu das passende Sugo, den Vino di Casa und danach ein paar Dolci: Das kennen die Münchner schon. Verstehen sie sich doch selbst ein bisserl als Südländer, hier in Monaco di Baviera.
Jetzt wird es im Herzen der Stadt noch italienischer: In die Schrannenhalle zwischen Viktualienmarkt und St.-JakobsPlatz zieht „Eataly“ ein, eine Kette mit einem Konzept zwischen Gastronomie und Lebensmittelhandel. Auf der gesamten Marktfläche von 3700 Quadratmetern kann man ab kommenden Sommer italienisch essen, einkaufen und kochen lernen.
Eataly soll die Rettung für die Schranne sein, deren Konzept bisher nie richtig aufgegangen ist. Der Eigentümer Hans Hammer hat deshalb jetzt den Deal mit Eataly abgeschlossen. Die Kette mit Stammsitz in Turin hat weltweit riesige Filialen, etwa in den USA und Japan. Das Konzept: Ein italienischer Einkaufsmarkt mit Restaurants, Cafés und Schulungsräumen für Kochseminare.
Er habe den Italienern um Eataly-Boss Oscar Farinetti schon 2010, als er die Halle gekauft hat, ein Angebot gemacht, sagt Hammer. Die seien aber zu sehr mit ihrem New Yorker Store beschäftigt gewesen. Später sei Eataly dann auf Hammer zugekommen, aber da liefen alle Verträge mit Käfer und den anderen Mietern schon. Jetzt habe es endlich geklappt. Hans Hammer erzählt das so, als blühe eine lang verhinderte Amore endlich auf.
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„Damit ist die Odyssee der Schrannenhalle an ihrem Ziel angekommen“, sagt Hammer. Der Kurs der letzten Jahre war für ihn also ein Irrweg. „Es war eine Fehleinschätzung“, sagt er. „Das Konzept Käfer hat an diesem Standort nicht funktioniert.“ Deshalb habe man sich jetzt davon verabschiedet.
Käfers Mietvertrag läuft noch sieben Jahre, aber der Feinkosthändler ist nicht ganz unglücklich darüber, dass er vorzeitig rauskommt. Michael Käfer hatte bereits vor mehreren Monaten von einem Auszug aus der Schranne gesprochen.
Die Standlleute vom Viktualienmarkt waren gegen den Edel-Edeka
So richtig funktioniert hat der Handel in der neuen Schrannenhalle bisher nie (siehe Chronik unten). Der Retter der Schranne sollte dann Peter Simmel sein. Der Unternehmer, Chef mehrerer Supermärkte in und um München sowie in Sachsen und Thüringen, sollte die Kunden mit einem Nobel-Edeka zurückgewinnen.
„Dieses Konzept wäre gut gewesen“, sagt Hammer heute. Aber der Widerstand war zu groß. Die Standlleute vom Viktualienmarkt protestierten vehement, sie fürchteten um ihr Geschäft. Auch die Politik kritisierte den Plan, Oberbürgermeister Dieter Reiter sprach sich klar dagegen aus. Also verwarf Hammer das Konzept vor einigen Wochen und wärmte die Liaison mit Eataly auf.
Jetzt werden die Italiener die alleinigen Mieter der ganzen Halle. Ein „Wermutstropfen“ sei das, sagt Hammer, denn er hätte gerne einigen der kleinen Händler weiterhin einen Platz in der Markthalle geboten. Aber die Kette aus Turin will eben die ganze Halle.
Den 15 verbliebenen Mietern kündigt Hammer zum Jahresende, die Verträge enden dann zum 31. März. Das Ostergeschäft dürfen die Händler aber noch mitnehmen, was natürlich gerade den Hersteller der lila Schokohasen im Keller freuen dürfte. Am Ostersamstag, 5. April, macht die Markthalle dann erst einmal zu.
Hans Hammer rechnet mit etwa drei bis vier Monaten Umbauzeit. Ungefähr im Juli oder August soll das Eataly Monaco eröffnen. Er sei richtig begeistert von dem neuen Konzept, sagt Hammer. Jetzt habe er endlich das gefunden, was perfekt in die Schrannenhalle passe. Und vom Viktualienmarkt gebe es keinen Aufruhr mehr, die Überschneidungen von Eataly und Viktualienmarkt seien „überschaubar“.
Die ersten drei Jahre in der Schrannenhalle seien eine Lernphase gewesen. „Wir haben nicht gewusst, wie wichtig die Gastronomie ist. Denn die funktioniert an diesem Standort.“ Deshalb biete Eataly nun etwa zur Hälfte Gastro, zur Hälfte Handel. Und das alles selbstständig, wie Hammer extra noch betont: „Ich habe mich in den letzten Jahren viel zu viel in den Einzelhandel eingemischt, jetzt überlasse ich das Eataly.“
Deren Mietvertrag sei langfristig. Man sei sich sicher, dass das jetzt klappt. Die anderen Geschäftsbereiche der Schranne außerhalb des Markts – Gaststätte Pschorr, Parkhaus und Büroräume – bleiben wie gehabt.
Getreidehalle, Ruine, Shopping-Flop: Die nicht ganz so erfolgreiche Geschichte der Schrannenhalle
Die Schrannenhalle ist an sich schon uralt: 1853 wird sie als Getreidehalle nahe des Viktualienmarktes fertiggestellt. Der Handel dort geht aber nicht lang, 1912 wird er schließlich komplett in die neue Großmarkthalle in Sendling verlegt. Teile der Halle werden abgebaut, 1932 brennt ein großer Teil ab.
Die Schrannenhalle in ihrer heutigen Form entsteht 2003: Ab diesem Jahr wird die Halle wieder aufgebaut, zwei Jahre später wird dort wieder Handel betrieben: In die Markthalle ziehen kleinere Geschäfte, die Schranne soll ein Marktplatz werden. Doch der Versuch scheitert. Der große Reibach bleibt aus. 2009 geht die Betreiberfirma insolvent.
Der Immobilien-Investor Hans Hammer kauft die Schrannenhalle und eröffnet sie 2011 wieder mit neuem Konzept: Feinkost Käfer als größter Händler im Markt und knapp zwei Dutzend andere Anbieter, etwa Jochen Schweizer und Butlers. 2012 kam noch der Schoko-Riese Milka dazu, eröffnete im Untergeschoss einen „Flagshipstore“.
Doch die Geschäfte laufen wieder nicht. Die neue Krise der Schranne zeigt sich zum Beispiel am Wechsel der Restaurants: Vor knapp einem Jahr zieht das Fischlokal „Krake“ aus und wird durch den Nobel-Griechen Kytaro ersetzt. Auch Käfer war mit dem Geschäft unzufrieden. Deshalb wird es jetzt erneut einen Neustart geben.