Ein Herz für arme Wirte
Jeden Freitag erzählt in der AZ ein bekannter Münchner von seinem Wochenende. Heute: die "Biss"-Geschäftsführerin Hildegard Denninger.
Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber bei mir sind Freizeit und Arbeit nicht so klar voneinander getrennt. Ich entstamme einer Land- und Gastwirtschaftsfamilie. Da wurde viel gearbeitet – oder zumindest über die Arbeit gesprochen. Und so ist das mit „Biss“ auch. Wo auch immer ich hinkomme, wird immer über „Biss“ geredet.
Wir fahren gerne raus zum Tegernsee, mein Mann und ich haben da Freunde. Im Sommer steigen wir da alle zusammen gerne auf einen Berg. Aber auch da spricht man meistens erst mal über „Biss“. Nicht, dass das schlimm wäre, ich finde das eigentlich ganz schön. Die interessieren sich alle für meine Arbeit. Und wenn mich jemand was fragt, dann freut mich das auch.
Mein Mann ist ein großer Jazz-Fan, ab und zu geht er in die Unterfahrt in der Einsteinstraße. Manchmal schafft er es, mich zu überreden, aber oft geht er auch alleine. Dann hat er seinen Spaß und ich meine Ruhe – das passt schon. Ich lese zur Entspannung dann meistens ein Buch, zuletzt was von Petros Markaris, einem griechischen Krimi-Autoren. Oder ich mache ein Sudoku, ganz altmodisch in der Zeitung.
Wir wohnen strategisch total günstig, nur fünf Minuten vom „Biss“-Büro in der Metzstraße entfernt. Da in Haidhausen kann man auch sehr gut essen gehen. Aber meistens essen wir zu Hause, denn mein Mann kocht ausgezeichnet, viel besser als ich. Ich bin als Hausfrau eigentlich unbrauchbar. Aber wenn wir auswärts essen, dann gerne im Preysinggarten oder in der Gaststätte zum Kloster. Da ist es zwar oft recht voll, aber wie gesagt: Ich komme aus einer Wirtsfamilie. Wenn es in einem Lokal leer ist, denke ich immer: Oh Gott, die armen Wirtsleute. Die müssen ja auch die Pacht bezahlen und ihre Angestellten.
Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf in Oberfranken: Steinfeld, das liegt zwischen Bayreuth und Bamberg. Es ist nicht so, dass ich ein Kultur-Banause wäre, aber als Kind vom Land tue ich mir mit Oper und Theater ein bisschen schwer. Ich gehe lieber ins Kino. Da war im Gasteig letztens italienische Woche. Da war ich sogar gleich zwei Mal da. Einmal in dem Klassiker „Jesus Christus kam nur bis Eboli“ und dann noch in „Basilicata coast to coast“, einem modernen Roadmovie mit wirklich tollen Landschafts-Bildern.
Wenn ich jetzt dann in Rente bin, würde ich auch gerne eine Radtour durch Italien machen. Mein Mann und ich radeln für unser Leben gerne. Allerdings hatten wir die vergangenen Jahre über nicht sonderlich üppig Urlaub. Mein Mann will schon immer ins Baltikum, das hat er sich für 2015 fest vorgenommen. Mir graut da ein bisschen davor. Mir wäre Italien lieber.
Zunächst arbeite ich bei „Biss“ aber halbtags noch weiter. Ich habe mir jetzt mal eine Zwei-Jahres-Frist gesetzt. Nach 20 Jahren als Geschäftsführerin kommt man davon eben nicht so schnell los. Was in der Zeit auch für tolle Sachen passiert sind: Wir haben angefangen mit drei fest angestellten Verkäufern. Mittlerweile sind es 42.
Und an eine Geschichte erinnere ich mich besonders gerne: „Die Standl“. Da ging es um die beiden Stände an der Wittelsbacherbrücke links und rechts von der Humboldtstraße. Die Betreiber sind sich nicht wirklich grün, dem einen ist das andere Standl nicht fein genug. Ich lese unsere Zeitschrift immer gerne, aber das ist eine meiner Lieblingsgeschichten. Und das Cover mit den Standl-Leuten auf einem alten Sofa sitzend: Das ist mein Lieblingscover.
Protokoll: Florian Zick
- Themen:
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- Gaststätten und Restaurants
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