Ein Haus, 74 Erben, drei Mieter und ein Wasserschaden

Man nehme eine Erbengemeinschaft von 74 Personen, die ein Haus geerbt hat. Mische drei Mieter dazu, die darin noch wohnen und eine Anwältin, die mit der Veräußerung betraut ist. Als Krönung gibt’s einen Wasserschaden.
von  Abendzeitung
Das Streitobjekt in der Ehrwalder Straße. Die Eigentümerin hat es einer Erbengemeinschaft von 74 Personen vererbt.
Das Streitobjekt in der Ehrwalder Straße. Die Eigentümerin hat es einer Erbengemeinschaft von 74 Personen vererbt. © Petra Schramek

MÜNCHEN - Man nehme eine Erbengemeinschaft von 74 Personen, die ein Haus geerbt hat. Mische drei Mieter dazu, die darin noch wohnen und eine Anwältin, die mit der Veräußerung betraut ist. Als Krönung gibt’s einen Wasserschaden.

Heraus kommt ein jahrelanger Streit. Das Haus, um das es geht, steht in der Ehrwalder Straße in der Nähe des Westparks. Es gehörte Erna Stiegerer, die 1999 verstarb und ihr Eigentum 74 Erben hinterließ. Rechtsanwältin Michaela Böhnlein sollte es verkaufen.

Im Wohnzimmer von Adelheid und Gerhard Steininger sitzen die Erben Lieselotte Amann sowie Dieter und Brigitte Rüger. Auch Gerda Gansmeier, die wie die Steiningers in dem Haus zur Miete wohnt, ist gekommen. Gemeinsam machen sie ihrem Ärger Luft.

Alte Wohnungen

„Es modert und schimmelt“, sagt Gerhard Steininger, der mit seiner Frau seit 1966 hier wohnt. „Meine Frau hat Asthma und ist sehr belastet“. Grund dafür ist ein Wasserrohrbruch, zu dem es Ende Januar kam. Betroffen sind zwar die drei unbewohnten Wohnungen auf der linken Seite, doch der Geruch zieht sich durchs ganze Haus.

„Das Wasser ist durch die drei Wohnungen durchgelaufen. Das sind so alte Wohnungen, sagt Amann, „wenn die Fußböden nass werden, dann kommt doch irgendwann der Plafon runter.“ Schuld daran sei Anwältin Böhnlein, die den Verkauf blockiert habe und jetzt auch nichts gegen den Wasserschaden unternehme.

Die Anwältin sieht das ganz anders. Seit 2003 steht die Immobilie bereits zum Verkauf. „Der Schaden wäre nicht da, hätten Frau Amann und die Rügers im Dezember der Veräußerung zugestimmt“, sagt Böhnlein. Die Anwältin hatte einen Käufer gefunden, der 640000 Euro für das Objekt bezahlen wollte.

Alle Erben müssen zustimmen

Die drei Erben aber sagen, dass der Immobilienmakler Otto Bantele Käufer gefunden habe, die sogar 675 000 Euro bezahlt hätten. Die Anwältin habe dieses Angebot aber abgelehnt. „Das stimmt“, sagt Böhnlein, „denn das Angebot ist ja schön und gut, aber die Bank hat es nicht finanziert“.

Dieser Fall zeigt, wie schwierig die Abwicklung von Erbsachen sein kann, besonders bei vielen Erben. Denn wie im Fall Ehrwalderstraße müssen alle Erben der Veräußerung zustimmen. Fakt ist, dass die Mieter in einem Haus wohnen, in dem sich starker Modergeruch breit macht. Wenn es wärmer wird, könnte sich die Situation noch verschlimmern. Dass der Wasserschaden saniert wird, schließt Böhnlein aber aus. „Wie soll das bei 74 Erben gehen? Das Haus müsste ja von Grund auf saniert werden. In den Wohnungen gibt es keine Wasser- und Stromzähler.“

Das Haus soll jetzt versteigert werden. Vom Gericht wurde ein Gutachter beauftragt. Der Preis, der dann erzielt wird, liegt erfahrungsgemäß weit unter dem Wert der Immobilie. Neben der nervlichen Belastung für alle Beteiligten, wird dieser Streit auch erhebliche finanzielle Folgen haben.

Verena Duregger

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.