Ein gutes Bauchgefühl: Geisenhofer-Klinik wird 70

Gerhard Polt und Kurt Faltlhauser sind dort zur Welt gekommen, wie derzeit jährlich 2500 Babys: Die Frauenklinik Dr. Geisendorfer wird 70 Jahre alt, seit der Gründung 1940 hat sich viel getan
LEHEL Wo bringe ich mein Kind zur Welt? Diese Entscheidung fällt im wahrsten Sinne des Wortes meist aus dem Bauch heraus. Etwa 2500 Mütter führt dieses Bauchgefühl jährlich in die Münchner Frauenklinik Dr. Geisenhofer. In diesen Tagen wird die im Privatbesitz der Familie Conle befindliche Oase am Englischen Garten 70 Jahre alt.
In den Kriegswirren hatte Lorenz Geisendorfer 1940 die Klinik im Palais an der Hirschauerstraße 6 gegründet. „Der Vollblut-Gynäkologe hatte sein komplettes Vermögen auf eine Karte gesetzt“, erzählt Tillmann Götzner der AZ, der inzwischen die Geschäfte der Klinik führt. Zwei Jahre nach der Gründung kam schon der erste Promi zur Welt: Gerhard Polt machte seine Augen zum ersten Mal in der Geisenhofer-Klinik auf. Das war am 7. Mai 1942. Damals hatte das Haus 35 Betten zu bieten, knapp 350 Babys kamen am Englischen Garten jährlich zur Welt. Auch ein bekanntes Gesicht aus der Politik wurde dort geboren: Bayerns ehemaliger Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU).
Mittlerweile hat die Frauenklinik Platz für 75 bis 80 Patientinnen, zwei schicke, moderne Glaskästen sind seitlich an die prunkvolle Villa im Grünen angebaut worden. Neben der modernen Geburtshilfe und Gynäkologie hat so ein Brustzentrum mit plastischer Chirurgie Platz im Haus gefunden. Jüngstes Projekt der Frauenklinik ist ein großes Zentrum für minimal-Invasive Chirurgie (MIC), der „sanften Operation durchs Schlüsselloch“. „Fast alle gynäkologischen Eingriffe lassen sich mittlerweile minimal-invasiv durchführen“, sagt Dr. Thomas Füger, leitender Arzt des MIC-Zentrums an der Hirschauerstraße.
Doch nicht nur das Bauchgefühl entscheidet über den Wunschort für die Geburt: „90 Prozent der Frauen fragen nach, was denn passiert, wenn im Kreissaal etwas schief läuft, erklärt Professor Feller, Direktor des Brustzentrums. In diesem Fall müssen Mutter und Kind nicht verlegt werden. In der voll ausgestatteten neonatologischen Intensivstation können Frühgeburten oder Neugeborene mit Infektion entsprechend behandelt werden.
Dass die privat geführte Frauenklinik in 70 Jahren einige Konkurrenzhäuser nicht nur überlebt hat, sondern sogar expandierte und mit einem heutigen Jahresumsatz von 15 Millionen schwarze Zahlen schreibt, führt Götzner auf den „familiären Charakter des Hauses“ zurück. „Mindestens 30 Prozent der Mitarbeiter sind 10 Jahre oder länger hier“, sagt der Geschäftsführer. „Es ist das Wir-Gefühl, das noch immer vom Geist Dr. Geisenhofers geprägt ist - und die Patienten spüren das“, ist sich Feller sicher. Vor allem Krebspatientinnen profitierten von der lebensbejahenden Atmosphäre im Klinikgebäude. „Im Gegensatz zu rein onkologischen Stationen werden die Karzinom-Patienten im Brustzentrum von der positiven Grundeinstellung durch die Geburten beflügelt“, so Feller.
Obwohl die Geburten in München jährlich zunehmen, der Bedarf an Ärzten wächst, hat auch die Frauenklinik Dr. Geisenhofer ein Ärzte-Nachwuchs-Problem, wie Dr. Christian Repschläger, Chef der Geburtshilfe erklärt. Die Bezahlung der jungen Ärzte sei in den Jahren vor Erreichen des Facharzt-Status eher gering, die Arbeitszeiten mit Nacht- und Wochenenddiensten anstrengend. Trotzdem will die Klinik noch weiter wachsen. Zwar ist baurechtlich das Ende Fahnenstange erreicht. Die Villa am Englischen Garten steht unter Denkmalschutz. Ein Gebäude bietet allerdings noch Platz, sodass Götzner weitere Ein- oder Zweibettzimmer schaffen will. Christoph Maier