"Ein ehrgeiziger Einzelgänger": So tickt der Angeklagte im Fall Poschinger

MÜNCHEN - "Er wollte im Leben was erreichen": Gerichtsgutachter Henning Sass hat den mutmaßlichen Mörder untersucht, über Stunden saß er mit dem Angeklagten Rainer H. (40) zusammen.
MÜNCHEN Der Psychiater Henning Sass ist Ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstandes des Universitätsklinikums Aachen. In vielen Verfahren hat er Täter begutachtet.
Über Stunden saß er mit dem Angeklagten Rainer H. (40) zusammen, befragte ihn. Da der Angeklagte vor Gericht schweigt, erzählte Sass über ihn: „Er hatte wenig Kontakt zu anderen Jugendlichen. Er wuchs in München auf, wohnte in einer Gegend mit sehr vielen Ausländern. Die nahmen Drogen. Damit wollte der Angeklagte nichts zu tun haben. Er hat sich zu denen abgegrenzt, die auf den schiefen Weg kamen.“ Rainer H. ist ein Einzelkind. Er besuchte eine private Realschule, der Notendurchschnitt stimmte nicht. Der Vater sei streng gewesen, aber gerecht. Die Mutter sei eher ein „weicher Typ“.
1988 machte er die Mittlere Reife, danach eine Ausbildung zum Energieanlagen-Elektroniker. „Er besuchte viele Aufbaukurse, wollte was erreichen“, sagt Sass.
Mit 24 Jahren war Rainer H. Bauleiter bei AEG. 1994 ging er nach Ingolstadt, baute bei Audi einer Lackierstraße, machte 1000 Überstunden. „Die baute er ab, nebenher hat er ein Immobilienbüro aufgemacht“, so Sass. 1996 machte er den Meister im Fach Elektrotechnik. Ihm schwebte die Verbindung von kaufmännischer mit handwerklicher Tätigkeit vor. Rainer H. wagte die Selbständigkeit, nahm Aufträge für Elektroinstallationen an, die er später warten konnte.
Der Angeklagte hat zwei Töchter. Inzwischen läuft allerdings das Scheidungsverfahren. Angeblich habe Rainer H. nie Geldsorgen gehabt. Er leistete sich einen VW-Golf. Sass: „Er erzählte mir, dass er einen Auftrag bei Edeka hatte. Für zwei Millionen Euro. Aber durch seine Festnahme sei der Auftrag geplatzt.“ Die Schulden auf seinem Konto zeigen allerdings ein anderes Bild. th