„Ein echtes Wunder“

Bianca und Dirk Kretschmer können es nicht fassen: Ein Mercedes ist in die Kinderkrippe ihres Sohnes Rolf gerast – ihm und den anderen Kindern ist dabei nichts passiert
von  Abendzeitung
„Als wären Schutzengel am Werk gewesen“: Dirk Kretschmer, seine Frau Bianca und Sohn Rolf (2).
„Als wären Schutzengel am Werk gewesen“: Dirk Kretschmer, seine Frau Bianca und Sohn Rolf (2). © Mike Schmalz

MÜNCHEN - Bianca und Dirk Kretschmer können es nicht fassen: Ein Mercedes ist in die Kinderkrippe ihres Sohnes Rolf gerast – ihm und den anderen Kindern ist dabei nichts passiert

Als Bianca Kretschmer am Dienstagmorgen ihren Sohn Rolf in der Kinderkrippe abliefert, weiß sie noch nicht, dass dieser Tag ihre Familie verändern wird. Eigentlich will der kleine Rolf an diesem Tag mit den anderen Kinder seinen Abschied feiern, der zweijährige Bub wechselt ab Januar in den Kindergarten. Selbstgebackene Kekse hat er zur Feier des Tages dabei – doch niemand in der Waldtruderinger Krippe „Dorotheas Däumling“ wird sie essen. Denn aus Rolfs Abschiedsparty wird eine Beinahe-Katastrophe. Oder ein Weihnachtswunder.

„Als gäbe es Schutzengel“, sagt Dirk Kretschmer, und schaut auf seinen Sohn, der fröhlich auf dem Schoß der Mutter herumzappelt. „Auto, Auto!“, ruft Rolf immer wieder. Seit Dienstagmorgen dreht sich alles nur noch darum. Bei Rolf wie bei seinen Eltern.

Plötzlich gab es eine Knall und ein Auto krachte ins Spielzimmer

Es passierte am Dienstag kurz vor halb zehn: Die Kinder versammeln sich an ihrem Tisch in der Ecke des Spielzimmers. Plötzlich ein Knall, das Gebäude wackelt. Ein Auto kracht ins Innere des Spielzimmers, zermalmt die Heizung und schleudert noch einen Betonklotz in den Raum. Der Motor des Mercedes qualmt, sofort dringt Rauch ins Zimmer. Öl läuft aus und überschwemmt Puppenhäuser und Spielzeugburgen. Am Steuer des Autos sitzt ein älterer Mann, geschockt schaut er aus dem Fenster in kreidebleiche Kindergesichter.

„Bei so einem Unfall spricht eigentlich alles dagegen, dass nichts passiert“, sagt Dirk Kretschmer. Er fragt sich: Wie kann es sein, dass ein Auto in eine Krippe donnert und kein einziges Kind verletzt wird? „Das ist ein echtes Weihnachtswunder“, sagt seine Frau Bianca, „anders kann man es nicht erklären“. Selbst der Unglücksfahrer kam mit dem Schrecken davon. Der 80-Jährige hatte Brems- und Gaspedal verwechselt und war so durch das Fenster der Krippe gedonnert. Das Sicherheitsglas brach, splitterte aber nicht. Auch die mitgeschleuderten Betonklötze trafen nur Stofftiere. Elf Buben und Mädchen im Alter von zwei bis drei Jahren blieben unverletzt – zumindest körperlich.

Jetzt müssen Eltern und Kinder den Unfall erst einmal verkraften

„Ich hoffe, alle verkraften den Vorfall“, sagt Bianca Kretschmer. Zwei Mädchen haben seitdem immer wieder Weinkrämpfe. Und ihr Sohn Rolf? „Er redet viel darüber, das hilft ihm und uns.“

Und so wird Silvester zu einer Art Gesprächstherapie. Denn über Neujahr fährt die Familie zu den Großeltern nach Sachsen-Anhalt. „Das Wunder von Waldtrudering wird natürlich das große Thema sein“, sagt Vater Dirk und schmunzelt.

Am Abend nach dem Unfall konnte sich die Familie noch nicht mit Reden ablenken: „Wir haben gesagt: Jetzt vergessen wir den Weihnachtsstress und gehen Schlitten fahren.“ Hinterm Haus raste Rolf mit seinem Bruder Erik (5) die schneebedeckten Hügel hinab. Er lächelte und rief glücklich: „Auto, Auto.“

R. Keck

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