"Ein doppelter Irrsinn": Performance-Künstler Wolfgang Flatz wegen seinem Atelier in München verklagt

Der Aktionskünstler Wolfgang Flatz musste sein Atelier auf der Praterinsel in München räumen. Der Eigentümer fordert den Rückbau – obwohl ein Abriss im Raum steht.
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Performance-Künstler Wolfgang Flatz (71) sorgt regelmäßig für Aufsehen – zuletzt, weil er seine Haut versteigern wollte. Wegen des Streits um sein ehemaliges Wohnatelier steht er nun wieder vor Gericht.
Performance-Künstler Wolfgang Flatz (71) sorgt regelmäßig für Aufsehen – zuletzt, weil er seine Haut versteigern wollte. Wegen des Streits um sein ehemaliges Wohnatelier steht er nun wieder vor Gericht. © Felix Hörhager/dpa

München - Die LKW-Garage war sein Zuhause, jahrzehntelang. Zumindest war das Gebäude auf der Praterinsel noch eine LKW-Garage, als Wolfgang Flatz beschloss, dort sein Atelier einzurichten. Drei Zentimeter Schmutz habe er erstmal entfernen und die Wände weißeln müssen, bis er in das Gebäude einziehen konnte, Anfang der 90er Jahre.

"Es war in einem desolaten Zustand", erklärt der 71-jährige Performance-Künstler. Ihm schwebten schnell zahlreiche Umbau-Maßnahmen vor – gegen die der damalige Eigentümer Dieter Bock offenbar keine Einwände hatte: "Wenn du das bezahlst, kannst du das machen", zitiert ihn Flatz. Daraufhin baute der gebürtige Österreicher etwa eine kleine Küche und eine Toilette in die ehemalige Garage und später sogar das darüberliegende Stockwerk zu einer Wohnung aus: Er isolierte das Dach, installierte eine Dusche, zog eine Zwischenwand ein und verlegte Wasserleitungen hinauf.

Aktionskünstler Wolfgang Flatz investiert 50.000 Mark in sein Atelier auf der Praterinsel

"Das hat mich 50 Tausend Mark gekostet", erinnert er sich. Und es sei in Absprache und mit dem Einverständnis des Eigentümers geschehen. All das erzählt der Performance-Künstler am Montag vor dem Landgericht – denn genau diese Umbau-Maßnahmen sollten ihm heute, rund 30 Jahre später, Ärger bereiten: Der neue Eigentümer der Praterinsel – seit 2015 ist das die Terrena Dr. Brunner AG – moniert, dass Flatz das Gebäude nicht in den Ursprungszustand zurückversetzt hat.

Mit der AG hat sich Flatz bereits vor Gericht gestritten. Ende 2018 kündigte der Gesellschafter Urs Brunner dem Künstler – der dort keine Miete zahlen musste. Als Gegenleistung hatte er mit dem inzwischen verstorbenen Eigentümer Dieter Bock vereinbart, etwa Ausstellungen auf der Praterinsel zu kuratieren. Vom neuen Eigentümer wollte sich Flatz nicht so schnell vertreiben lassen. Brunner stellte ihm 2021 Strom und Wasser ab, verriegelte sogar das Eingangstor. Doch 2022 bestätigte das Oberlandesgericht das Räumungsurteil und Flatz musste sein Wohnatelier verlassen.

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Wolfgang Flatz soll das Atelier in München in seinen Ursprungszustand zurückversetzen

Damit gibt sich Brunner aber nicht zufrieden: Er ist der Ansicht, dass Flatz das Gebäude im ursprünglichen Zustand hätte hinterlassen müssen – sprich als LKW-Garage ohne Toilette, Küche und Co. Für Rückbaukosten und eine Nutzungsentschädigung fordert er nun rund 16.500 Euro von dem Künstler.

Die Vorsitzende Richterin erklärt, dass die entscheidende Frage sei, ob mit dem Voreigentümer ein ausdrücklicher Verzicht auf den Rückbau vereinbart worden sei. Flatz spricht von einer mündlichen Abmachung mit Bock: "Ich habe gefragt, ob ich das rausreißen muss, wenn ich mal rausgehe. Er hat gesagt: Nein, das kann so bleiben. Es ist ja eine klare Verbesserung." Ähnlich hat das auch eine ehemalige Veranstaltungs-Betreuerin von der Praterinsel in Erinnerung, die das später in der Verhandlung erzählen wird.

Prozess vor dem Landgericht München: Will der neue Eigentümer das Atelier abreißen lassen?

"Es gibt nichts Schriftliches dazu, das macht das Ganze etwas schwierig", findet die Vorsitzende und appelliert an die beiden Parteien, sich auf einen Vergleich zu einigen. Doch dazu ist Flatz nicht bereit – und gibt stattdessen am Ende seiner Anhörung ein pikantes Detail preis: "Ich weiß, dass Brunner das Gebäude abreißen lassen will", sagt er der Vorsitzenden Richterin. Daher fände er, die Rückbau-Forderung sei ein "doppelter Irrsinn".

Das auffällig gemusterte Eingangstor zum Wohnatelier von Wolfgang Flatz – das offenbar auch gerne als Fotokulisse genutzt wurde.
Das auffällig gemusterte Eingangstor zum Wohnatelier von Wolfgang Flatz – das offenbar auch gerne als Fotokulisse genutzt wurde. © Felix Hörhager/dpa

Eine Information, die für den Ausgang der Verhandlung vielleicht entscheidend sein könnte: "Es gibt eine Rechtsprechung, dass man nicht zum Rückbau verpflichtet ist, wenn ein Abriss geplant ist", erklärt sie. Der Anwalt der Terrena Dr. Brunner AG will sich dazu am Montag nicht äußern und hat nun bis Anfang März Zeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Die Entscheidung will die Vorsitzende am 8. April verkünden.

Die Flatz-Ära auf der Praterinsel mag vorbei sein, dafür macht sich der Künstler im Moment aber an einem anderen prominenten Ort in der Stadt bemerkbar: Anfang Februar sorgte Flatz für Aufsehen, weil er die Tattoos auf seiner Haut versteigern wollte – bei der Eröffnung der Ausstellung "Flatz" mit seinen Werken in der Pinakothek der Moderne.

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3 Kommentare
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  • Mobilist am 20.02.2024 10:50 Uhr / Bewertung:

    Das ist doch der Dr. Bunner, der in der Sendlinger Straße Betten an arme Taglöhner aus Rumänien und Bulgarien, die die Luxusvillen der Reichen bauen, und Bulgarien zu Wucherpreisen vermietet. Ein feiner Kerl.

  • Mobilist am 20.02.2024 10:04 Uhr / Bewertung:

    Das ist doch der Dr. Bunner, der in der Sendlinger Straße Betten an arme Taglöhner aus Rumänien und Bulgarien, die die Luxusvillen der Reichen bauen, und Bulgarien zu Wucherpreisen vermietet. Ein feiner Kerl.

  • Hausgeist am 20.02.2024 06:14 Uhr / Bewertung:

    Klarer Fall,verstehe denn Sinn des Artil

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