Ein bisserl Schulden, Latein und Weißwürscht

München - Es hat fast schon Tradition, dass Kämmerer Ernst Wolowicz die Stadträte bei seiner Haushaltsrede mit Latein quält. „Emas non quod opus est, sed quod necesse est; quod non opus est, asse carum est“, zitierte er Cato. Zu Deutsch: Kauf nicht, was du gebrauchen kannst, sondern was du dringend brauchst; was du nicht brauchst, ist schon für einen Heller zu teuer bezahlt.
Was nach munterer Latein-Lektion klingt, ist durchaus als ernsthafter Appell zu verstehen. Denn die Aussichten sind nicht rosig. Der Stadtkämmerer befürchtet sogar, dass München schon im nächsten Jahr neue Schulden machen muss. Die sind im aktuellen Entwurf zwar noch nicht vorgesehen. Aber das könnte sich rasch ändern: Nächsten Monat kommt der bundesweite Arbeitskreis Steuerschätzung zusammen und wird eine Prognose zu den Einnahmeerwartungen abgeben. Und die – so ist zu erwarten – wird wohl deutlich schlechter ausfallen als beim letzten Mal im Mai. Seither haben sich die konjunkturellen Aussichten stark eingetrübt.
Daher, so Wolowicz, müsse man aus heutiger Sicht sagen: „Es wird vermutlich sehr schwer, die gesamten Investitionen ohne Nettoneuverschuldung stemmen zu können.“ Zumal einige Posten stetig steigen. Die Ausgaben für die Kinderbetreuung etwa. Oder die Sozialausgaben.
Für OB Christian Ude war das jedoch nicht die zentrale Botschaft des Tages. Seine Rede war überschrieben mit dem kraftstrotzenden Titel „Sensationelle Entschuldung ohne jede Veräußerung, hohe Investitionskraft und ehrgeizige Sparziele“.
Schon vor ein paar Tagen hatten er und sein Kämmerer die frohe Kunde verbreitet: Der Schuldenberg wird Ende des Jahres so niedrig sein wie zuletzt 1996 – also vor 15 Jahren. Heuer baut die Stadt sogar 390 Millionen Euro Schulden ab. Dann wird München nur noch mit 1,833 Milliarden Euro in der Kreide stehen.
Im gleichen Zeitraum, so rechnete der OB vor, hätten sich die Kreditmarktschulden des Freistaats mehr als verdoppelt, auf 32,6 Milliarden – Landesbank-Debakel inklusive.
Von einer „sensationellen Entschuldung“ wollte die CSU nichts hören. Sie sieht vielmehr eine „sensationelle Leerung der städtischen Kasse“. Die 390 Millionen Euro zur Tilgung seien nämlich nicht im vorigen Jahr erwirtschaftet worden, kritisiert Fraktionschef Josef Schmid. Für seine Sensation müsse Ude „tief in den Sparstrumpf greifen“. Das städtische Sparbuch werde so zu Udes Wahlkampfkasse.
Der hatte nur Spott für die CSU übrig. Der Vorwurf sei „grober Unfug“. Die Stadt habe so gut gewirtschaftet, „dass die Kasse rappelvoll war“. Daher hätten Kassenmittel für den Schuldenabbau verwendet werden können. „Was soll daran anstößig sein?“
Die Stadträte, denen die oft recht grundsätzlichen Haushaltsreden zu lange dauerten, zogen zeitweise das Weißwurstzimmer nebenan vor. Eine Zahl hat hoffentlich trotzdem alle erreicht. Die Summe dessen, was alle finanziellen Wünsche kosten würden, die jetzt noch gar nicht im Investitionsplan vorgesehen sind: 3,5 Milliarden Euro! Emas non quod opus est...
Der Blick ins nächste Haushaltsjahr - das sind die dicksten Brocken
- Die gesetzlichen Sozialleistungen sind für das nächste Jahr mit 644 Millionen Euro eingeplant. Das entspricht 14Prozent der laufenden Auszahlungen.
- Die Personalauszahlungen werden im nächsten Jahr 1270 Millionen Euro betragen (27,9 Prozent der laufenden Auszahlungen), die Versorgungsauszahlungen 294 Millionen Euro.
- Für Zinsen muss die Stadt weniger ausgeben: 97 Millionen Euro sind im Haushaltsentwurf drin.
- Für die städtischen Investitionen sind 599 Millionen Euro veranschlagt – doch da kommt sicher noch was drauf.
- Im Ergebnishaushalt, der auch so etwas wie den Wertverlust von Gebäuden oder Pensionsansprüche einrechnet, ist schon nach aktueller Planung ein Fehlbetrag von 132 Millionen Euro vorgesehen – die Stadt zehrt 2012 also von der Substanz.