Ein Augustiner für Schwabing

Aus neu mach alt: Dem Georgenhof in Schwabing wurde Tradition eingehaucht.
Ob der Geist von Kandinsky hier ab und zu durchschwebt? Immerhin hat der russische Maler ein Jahr lang hier gewohnt, im Haus Friedrichstraße 1. Und gleich gegenüber Franz Marc, sein Kumpel und damaliger Mitstreiter für die moderne Kunst. Heute sind beide Klassiker. Der Georgenhof ist auch schon so etwas wie ein Klassiker: Seit 1886 gibt es hier ein Wirtshaus. Nunmehr frisch renoviert – und damit traditioneller: „Endlich mal wieder eine alte bayerische Wirtschaft“, sagt Jannik Inselkammer von der Augustiner Brauerei, die das Haus gekauft und umgebaut hat und mit viel Pomp die Eröffnung feiert.
Tatsächlich kann man sich sehr gut vorstellen, dass es um 1900, also zur Zeit von Marc und Kandinsky, ungefähr so ausgeschaut hat: ein großer Gastraum, die Wände dreiviertelhoch dunkel vertäfelt, große, sechslampige Leuchter, an der Decke Stuck. Wohl waren die Bier- und Künstlerwirtschaften von damals nicht ganz so aufgeputzt, dafür hängen jetzt im Nebenzimmer schöne gerahmte Plakate aus der Schwabinger Bohèmezeit.
Mit dem Georgenhof, wie er zuletzt aussah, hat der neue nicht mehr viel zu tun. Die Fenster sind den ursprünglichen nachempfunden und kleiner geworden, der Eingang ist an die Ecke verlegt, die Holzdecke wurde ganz entfernt und der alte Stuck freigelegt. „Der alte war viel rustikaler“, sagt Jannik Inselkammer. Der neue ist schlichter und damit offenbar „echter“. Zurück in die Moderne also.
Und „modern bayerisch“ soll es auch in der Küche zugehen, sagt Wirtin Melissa Lamy. Das löst sie gleich am ersten Abend ein: Die vorzügliche Pfifferlingrahmsuppe wird von einem Klecks weißen Portweinschaums geschmückt – interessant, aber nicht überkandidelt. Auf der Speisekarte Wurstsalat und Obatzda, aber auch Wallerfilet oder Pressterrine vom Lamm mit Steinpilzvinaigrette. In der Küche schwingt der Wirt nicht nur das Zepter, sondern auch den Kochlöffel: Peter Lamy war zuletzt Küchenchef im Pschorr am Viktualienmarkt.
Und die Preise? Die Bandbreite ist groß: Der Obstler kostet nur zwei Euro, der Wildkräutersalat der Saison mit Ziegenkäse neun, das Kalbsrückensteak 18,50 Euro.
jr
Georgenhof, Friedrichstraße 1, täglich 8 - 1 Uhr, warme Küche 11 - 23 Uhr, Frühstück 8 - 16 Uhr Tel. 88903837