Ein (Alb-)Traum von Garten

Eine bunte Blumenwiese und viel Grün: Das war der Traum. Die Wirklichkeit sind verkümmernde Erbsen und wucherndes Unkraut. Die Erfahrungen einer AZ-Redakteurin als Hobbygärtnerin
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Gummistiefel, Handschuhe - was man im Garten so braucht.
Mike Schmalz Gummistiefel, Handschuhe - was man im Garten so braucht.

Eine bunte Blumenwiese und viel Grün: Das war der Traum. Die Wirklichkeit sind verkümmernde Erbsen und wucherndes Unkraut. Die Erfahrungen einer AZ-Redakteurin als Hobbygärtnerin

Himbeeren pflücken. Faul in der Blumenwiese liegen und dem Kleinen beim Buddeln zuschauen. Gartenpartys feiern. Sattes Grün vor Augen haben, statt altrosa Hausfassaden. Was für ein Traum! Dachte ich. Bis ich den Gartlerehrgeiz kennen lernte. Und die Gemeine Zaunwinde.

Vor fünf Jahren zogen wir in den Westen der Stadt, dorthin, wo München tatsächlich ein halbes Dorf ist. Grund: unsere verklärten Kindheitserinnerungen. Den Freiraum, den wir beide als Kinder hatten, sollte unser damals sechs Monate alter Sohn auch haben: Im Garten Verstecken spielen. Am nahe gelegenen Bach Staudämme bauen. Über die Felder streifen. Und so weiter und so fort, das ganze Glückliche-Kindheits-Gesums eben.

Und natürlich haben Robin und seine kleine Schwester ihren Spaß in dem großen alten Garten, den wir uns mit zwei Nachbarinnen teilen. Sie spielen Fußball, essen Beeren vom Strauch, untersuchen Regenwürmer. In den ersten Jahren war ich noch genauso enthusiastisch: Sooft mein Blick beim Schaukelanschubsen auf das Beet fiel, überlegte ich, was man alles anbauen könnte.

Neben den Himbeeren würden sich doch Sonnenblumen gut machen. Zwischen die Walderdbeeren könnte man Salat pflanzen. Karotten müssten her, und Zucchini. Wir hatten ja jetzt ein Kind, da musste mehr Bio in den Kochtopf.

Auf den Salat verzichtete ich dann doch. Der war schon bei meinen Eltern in die Höhe geschossen. Sofern ihm nicht die Schnecken den Garaus gemacht hatten. Ansonsten aber probierte ich alles aus.

Zwar hatte ich zuvor höchstens mal ein paar Blumen umgetopft und – höchst widerwillig – Unkraut gejätet. Doch Teile des fehlenden Wissens konnte man sich ja auch anlesen. Den Rest musste man einfach ausprobieren. Also kaufte ich ein, zwei Gartenbücher. Und dann legte ich los.

Ich grub das Beet um, säte Gründünger aus, schnitt die Sträucher zurück, jätete – höchst widerwillig – Unkraut, arbeitete Hornspäne ein, säte und pflanzte: Erbsen, Gurken, Buschbohnen, Tomaten, Karotten, Zucchini, Gartenerdbeeren, Kürbis.

Sogar mit Melonen versuchte ich es in meinem Überschwang und meiner Unkenntnis. Ich band auf, zupfte ab, setzte zur Läusebekämpfung Brennnesseljauche auf – was ich mit Rücksicht auf meine Nachbarinnen nie wieder tun werde. Mag das Zeug noch so wirksam sein, den Namen Jauche trägt es nicht umsonst.

Es war also, wie ich fand, einiges an Arbeit, das ich da in den Garten gesteckt hatte. Doch der Garten dankte es mir nicht. Als die Tomaten die Größe von Kirschen erreicht hatten, verfärbten sie sich braun und beschlossen, quälend langsam zu verfaulen. Allem Überdachen und Ausgeizen zum Trotz.

Die Erdbeeren ließen sich entweder von den – sich bei uns pudelwohl fühlenden, da nicht mit rabiaten Methoden bekämpften – Schnecken fressen. Oder von zwei hartnäckigen Unkrautarten überwuchern, deren Namen ich bis heute nicht weiß. Acker-Ehrenpreis? Floh-Knöterich? Weicher Storchschnabel?

Die Erbsen und Bohnen schlossen sich dem Widerstand an und verkümmerten zu sehr trockenen Hülsen. EinzigdieKarottengabensich Mühe. Sie wuchsen! Bis die Nachbarskatze kam und angesichts des zarten Grüns zum Vegetarier mutierte.

Aber vielleicht war ja gar nicht die Pflanzen- und Tierwelt schuld. Vielleicht war ich schuld. Weil ich den Säuregehalt der Erde nicht bestimmt, die bestenfalls halbschattige Lage des Beetes einfach ignoriert und das Unkraut nicht oft genug gezupft hatte.

Nur, wie soll man das auch je in den Griff kriegen? Für einen Viertelquadratmeter Beet braucht man locker eine Stunde. Und erst die Zaunwinde, die sich heimtückisch über den Nachbarszaun rankt um dann, gegen alle Ausreißversuche resistent, alle Sträucher und sogar den Rhabarber in ihren Würgegriff zu nehmen?

Vermutlich müsste man jeden Tag ein, zwei Stunden Arbeit investieren. Einfache Hobbygärtnerweisheit, nehme ich an. Dazu habe ich aber weder Zeit noch Lust. Mir reicht es schon, jeden Herbst zentnerweise Äpfel vom Boden aufzuklauben. Essen kann man die nicht, weil sie an einer ominösen Pilzkrankheit leiden.

Also, was tun? Die Flinte ins Korn bzw. den Spaten ins Beet werfen? Kommt ja gar nicht in die Tüte. Ich probierte es noch mal, holte Gurken- und Zucchinisetzlinge, pflanzte sie an den sonnigsten und geschütztesten Standort, den ich finden konnte – die ameisenverseuchte Wiese neben dem Komposthaufen – und legte Schneckenringe drumherum.

Was für ein Erfolgserlebnis! Die Pflanzen trugen Früchte! Die Schalen schmeckten zwar reichlich bitter, aber egal, man konnte sie essen. Bis der Mehltau zuschlug jedenfalls.

Vielleicht sollte ich aus all den Misserfolgen langsam eine Lehre ziehen. Mit dem Rasenmäher übers Beet brettern, alles mit Folie zutapezieren und mich faul in die Wiese legen, zwischen Löwenzahn, Moos und Gänseblümchen.

Vielleicht finde ich aber doch noch eine Gemüsesorte, die zu meinem Garten passt. Heuer probiere ich es mit Kartoffeln, das sind ja robuste Nachtschattengewächse. Wobei, Gurken wären schon auch wieder gut. Oder Karotten. Oder Zucchini...

Vera Tichy

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