Eigentümer-Chef poltert: "Die Mieten sind nicht zu teuer"

Mietspiegel zu niedrig, Preisbremse unsinnig: Der Chef des Haus- und Grundbesitzerverein teilt kräftig aus und lässt sogar eine Klage prüfen.
Christian Pfaffinger |
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Da muss jemand nochmal ran: Mietspiegel und Mietpreisbremse stehen in der Kritik – vor allem die Eigentümer ärgern sich.
Imago/Ralph Peters Da muss jemand nochmal ran: Mietspiegel und Mietpreisbremse stehen in der Kritik – vor allem die Eigentümer ärgern sich.

Mietspiegel zu niedrig, Preisbremse unsinnig: Der Chef des Haus- und Grundbesitzerverein teilt kräftig aus und lässt sogar eine Klage prüfen

München - Rudolf Stürzer ist kein Diplomat. Er ist gradaus, plakativ und immer fest auf der Seite der Vermieter. Stürzer ist der Chef des Haus- und Grundbesitzervereins München, der die Interessen der Vermieter vertritt. Und oft nicht zimperlich. Seine Meinung ist Zündstoff für Mieter.

Jetzt geht der Eigentümer-Vertreter in die Offensive: Er poltert gegen den Mietspiegel, verurteilt die Mietpreisbremse und schwört seine Mitglieder auf den Widerstand ein. Die AZ fasst seine provokanten Vorwürfe zusammen:

Zum Mietspiegel

„Sind die Mieten schon wieder gesunken?“, fragt Stürzer. Denn die Hälfte der Mieten sei im neuen Mietspiegel im Durchschnitt gefallen. Zu- und Abschläge seien kurios bis unsinnig. Darin wittert der Chef-Lobbyist der Münchner Hausbesitzer eine „politisch unkorrekte“ Verzerrung: „Der Mietspiegel wird als Stellschraube missbraucht. “

Die AZ hat in ihrer Analyse zum Mietspiegel bereits erklärt: Dezentrale Lagen wurden in der Vergangenheit nicht von zentralen unterschieden und deshalb zu hoch bewertet. Und bei den Zu- oder Abschlägen zählt nur das, was rein rechnerisch einen Preiseffekt hat. Stürzer hält das für einen Schmarrn. Man werde den Mietspiegel „einer Überprüfung zuführen“. Im Klartext heißt das: notfalls dagegen klagen. „Wir wollen die Preise prüfen und wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass sie nicht stimmen, werden wir zur Not auch vor Gericht gehen.“

Über den Bericht der Stadt

„Ob die Mieten bezahlbar sind oder nicht, zeigt die Mietbelastung“, sagt Stürzer. Das heißt, wie viel Prozent ihres Nettoeinkommens Mieter für das Wohnen ausgeben. „Im Bericht von 2012 waren das für München im Schnitt 23 Prozent.“ Diese Zahl liege im Bundesschnitt und noch unter Städten wie Berlin. Die Münchner könnten sich die hohen Mieten leisten, weil das Einkommensniveau hoch sei. Die Mieten seien nicht zu teuer. Nur ein geringer Teil habe Probleme.

Im neuen Städtischen Bericht zur Wohnungssituation fehle aber dieser Kennwert. „Da kann sich jetzt jeder was dabei denken“, sagt Rudolf Stürzer. „Den wollte man wohl raushaben, dass nicht aufkommt, dass Münchens Mieten nicht zu teuer sind.“

Über die Politiker

Politiker von München bis Berlin würden alles versuchen, um den Mietern Vorteile zu verschaffen, sagt Stürzer. Der Mietspiegel sei ein Beispiel. Bisher fließen nur Neuvermietungen in den Mietspiegel ein sowie Mieten, die in den vergangenen vier Jahren erhöht wurden. Politiker wie Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordern, den Zeitraum zu verlängern und so mehr Bestandsmieten zu erfassen. Rudolf Stürzer bügelt das ab: „Wenn eine Miete länger als vier Jahre unverändert bleibt, ist das eine Gefälligkeitsmiete und hat nichts mit einer normalen Miete zu tun.“

Über die Münchner

Die Mieter seien teils selbst schuld an hohen Mieten, glaubt Rudolf Stürzer: „Der Münchner ist das Problem – weil er immer mehr Platz haben will.“ Die durchschnittliche pro Mieter habe sich seit den 1970er Jahren verdoppelt. Dadurch würden auch die Wohnungen größer und insgesamt knapper.

Über Steuer-Ausfälle

„Durch die Mietpreisbremse werden dem Staat rund 50 Millionen Euro entgehen“, sagt Stürzer. „Wie das gegenfinanziert wird, steht nirgends.“ Normalerweise werde das in einem Gesetzesentwurf aufgeführt. Hier habe offensichtlich Kritik ersticken wollen: „Da will man durch das Weglassen von Informationen die öffentliche Meinung beeinflussen.“

Zur Folge der Bremse

Mit einer Komplettsanierung können Eigentümer die Mietpreisbremse umgehen. Laut Stürzer ist das die Folge: „Es wird nur noch zwei Extreme geben: Die einen sanieren total und können dann höhere Preise verlangen, die anderen machen gar nichts mehr – Mieter finden sie auf dem Münchner Markt sowieso.“ Das hätten ihm Mitglieder des Vereins bereits so angekündigt.

Außerdem bringe die Bremse nur Streit: „Da ist das Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter ist von Anfang an massiv belastet“, glaubt Stürzer.

Die Kampfansage

Für den Verein sei all das ein Glücksfall, weil die Mitglieder ihm die Tür einrennen. Rudolf Stürzer sagt den neuen Regelungen den Kampf an: „Der Mist des Gesetzgebers kann gar nicht so groß sein, als dass wir nicht noch was draus machen könnten.“

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