Eigenbedarfsklagen steigen explosionsartig - Mieterverein warnt

Eine kranke Mieterin darf trotz einer Eigentumsklage ihrer Vermieterin in ihrer Wohnung bleiben. Aufgrund ihrer Krankheit ist ein Auszug nicht zumutbar. Dies entschied das Landgericht. Der Mieterverein München warnt indes vor immer mehr grundlosen Eigenbedarfsanmeldungen.
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München - Eine 71-jährige Münchnerin, die seit über 50 Jahren in ihrer Schwabinger Wohnung wohnt, darf trotz einer Eigenbedarfsklage ihrer Vermieterin in ihrer Wohnung bleiben. Da die betroffene Mieterin sowohl psychisch als auch physisch sehr krank ist, wurde vom Mieterverein München Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt.

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Weil die Frau folglich nicht auszog, erhob die Vermieterin erfolglos Räumungsklage vor dem Amtsgericht München, in der Folge ging sie in Berufung. Auch diese war erfolglos. Denn das Berufungsgericht entschied, dass die 71-Jährige aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands ein größeres Interesse am Verbleib in der Wohnung hat, als die Eigentümerin. Auch die lange Mietdauer von über 50 Jahren berücksichtigte das Gericht. Außerdem habe die Vermieterin beim Kauf gewusst, dass die Wohnung vermietet ist. Die Mieterin darf daher, so das Urteil, auf unbestimmte Zeit in der Schwabinger Wohnung bleiben.

Verdreifachung der Klagen seit 2013

Dass diese unbegründete Eigenbedarfsanmeldung wohl kein Einzelfall ist, zeigt sich in Zahlen, die der Münchner Mieterverein herausgegeben hat. Dieser warnt vor einer zunehmenden Anzahl an Eigenbedarfsklagen, die aber oft nur vorgeschoben seien. "Uns ist aufgefallen, dass die Beratungen immer öfter Eigenbedarfskündigungen betreffen. Allein im Jahr 2015 haben wir laut unserer Statistik über 900 Beratungen dazu durchgeführt, im Jahre 2014 waren es noch knapp 750 und 2013 unter 300", zählt Volker Rastätter auf, der Geschäftsführer des Mietervereins.

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Allerdings seien die Kündigungen oft schon aus rein formellen Gründen unwirksam, so dass ein Umzug ausgeschlossen werden kann, so Rastätter weiter. Ein Grund für die zunehmende Klagelust der Vermieter dürfte laut Mieterverein darin bestehen, dass eine leere Wohnung auf dem Münchner Immobilienmarkt deutlich teurer zu verkaufen ist, als eine vermietete. Aus reinen Verkaufsgründen aber Mieter aus einer Wohnung zu klagen, ist nicht erlaubt.

Leere Wohnungen verkaufen sich besser

Auch die oftmals beabsichtigte Weitervermietung der Objekte zu einem deutlich höheren Preis als ihn alteingesessene Mieter zahlen, ist für Vermieter wohl oft ein veritabler Grund zum Klagen. Dieser Vorgehensweise schiebt die inzwischen beschlossene Mietpreisbremse aber einen Riegel vor - so sie denn greift und nicht durch andere Tricks umgangen wird.

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"Wir prüfen sehr genau nach, ob der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist. Ist das der Fall und der Mieter bereits ausgezogen, können nachträglich beträchtliche Schadensersatzansprüche gegen den jeweiligen Vermieter geltend gemacht werden. Wir raten daher jedem Mieter, der eine Kündigung erhält, rechtlichen Beistand einzuholen", erläutert Rastätter.

Dies hat daher im aktuellen Fall auch die 71-jährige Schwabingerin getan - mit Erfolg.

 

 

 

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