Ehrliche Anzeige: Eine Immobilie für Verrückte

„Wenn Sie Ihr Kapital vernichten wollen, greifen Sie zu!“ So wird ein Haus bei Passau zum Verkauf angeboten. Ein sehr gepflegtes Haus, aber katastrophale Lage.
von  Laura Kaufmann
So schaut sie aus, die Anzeige auf einem Internetportal.
So schaut sie aus, die Anzeige auf einem Internetportal. © immoscout24.de

„Wenn Sie Ihr Kapital vernichten wollen, greifen Sie zu!“ So wird ein Haus bei Passau zum Verkauf angeboten. Ein sehr gepflegtes Haus, aber katastrophale Lage.

„Hochwertiges Zweifamilienhaus in katastrophaler Lage“ – so bietet Alois Miedl sein Heim auf „immobilienscout24.de“ an. Für 399000 Euro ist sein „sehr gepflegtes“ Haus, 400 qm Wohnfläche, Grundstück 1443 qm, zu haben. Mit Parkett, Kachelofen und Kamin, umgeben von Bäumen und Sträuchern.

Aber: „Das Haus liegt im kleinen Kaff Scherleinsöd, wo die Straßen immer wieder von Pferden zugeschissen werden (...) Flugenten kacken ihnen die Terrasse voll, Hühner graben ihre Gartenbeete um. Misthaufen, Gülle- und Jauchegrube sorgen dafür, dass Sie vor lauter Fliegen nicht mehr aus dem Fenster sehen können. Bei starkem Regen haben Sie die überfließende Jauche vor der Grundstückseinfahrt (...) Hundegekläffe können Sie zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten genießen.

Bei größeren Veranstaltungen im örtlichen Wirtshaus können Sie davon ausgehen, dass ein Teil Ihres Grundstücks als Parkfläche beansprucht wird. Wenn Sie Ihr Kapital unbedingt vernichten wollen, sollten Sie also zugreifen. Oder wenn Sie verrückt sind!“

Ein Anruf bei den Anbietern: „Das ist einfach ehrlich“, sagt Alois M.; viele haben das Haus schon angeschaut und es toll gefunden – aber die Umgebung schreckt ab.“

Der Bürgermeister von Untergriesbach, zu dem Scherleinsöd gehört, kennt Hintergründe: „Das ist ein Nachbarschaftsstreit“, sagt Hermann Duschl. „Es geht um ein hochwertiges Haus, wie neu, obwohl die Familie dort 20 Jahre wohnt. Sie ist sehr sauber, der Landwirt nebenan dagegen sieht in Putzen wenig Sinn.“

Eine schlechte Ausgangslage – die eskaliert, als der Landwirt einen neuen Freilaufstall baut. „Das hat sich hochgeschaukelt“, sagt Duschl. „Der eine nimmt’s nicht so genau, die anderen sind sehr pingelig – der Durchschnittsbürger würde sich in keiner der beiden Parteien wiederfinden. Wir haben uns sehr amüsiert, als wir die Anzeige entdeckt haben.“

Und die katastrophale Lage? „Das ist eine einmalige Meinung. Wir sind ein Dorf, wie es sein soll – und jeder andere wäre froh um diese Lage.“

 

 

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