Durch München fließt eine Drachenlinie

München - München ist magisch. War’s eigentlich schon immer. Also seit dem 12. Jahrhundert, seit Heinrich der Löwe die Innere Stadt, die sogenannte Heinrichsstadt, gegründet hat. Durch die Epochen entwickelte sich München immer mehr zu einem Anziehungspunkt für Anhänger des Okkulten und der Esoterik. Kraftort-Experte und Mystik-Stadtführer Christopher Weidner (49, "Die Stadtspürer") sagt: "Was die Kraftorte betrifft, kann keine deutsche Stadt mit München mithalten. Im deutschsprachigen Raum gelingt das höchstens noch Wien und Zürich."
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Was macht einen Kraftort aus? "Es ist ein Platz mit Geschichte, ein Platz, der bei Menschen ganz besondere Empfindungen hervorruft", erklärt Weidner. München ist Deutschlands heimliche Hauptstadt der Kraftorte. Was daran liegt, dass München von Anfang an geplant war und nicht mehr oder weniger zufällig gewachsen ist. Durch die Stadt fließen zwei Kraftlinien, die wichtigere von Osten nach Westen, also vom Isartor zum Karlstor entlang der Alten Salzstraße und der heutigen Fußgängerzone.
Bei der geometrischen Anlage Münchens sind drei Zahlen wichtig
Weidner: "In der Geomantie, also der Wahrsagung über die verborgenen Kräfte der Erde, sprechen wir von einer Drachenlinie." Die zweite Kraftlinie, sie ist weniger ausgeprägt, verläuft von Norden nach Süden parallel zur Isar zwischen Odeonsplatz und Sendlinger Tor.
Diese beiden Achsen teilen die Münchner Altstadt in ihre vier Viertel, die Graggenau, das Angerviertel, das Hackenviertel und das Kreuzviertel. Bei der geometrischen Anlage Münchens sind drei Zahlen wichtig, die in der Mystik eine besondere Rolle spielen:
- Die Zwölf, die „kosmische Zahl“, die unter anderem für die Anzahl der Monate und die der Apostel in der Bibel steht.
- Die Sieben, die „göttliche Zahl“, die unter anderem für die Anzahl der Wochentage und der Schöpfungstage steht.
- Die Fünf, die „Zahl des Menschen“, die unter anderem für die Anzahl der Sinne und die der Finger steht.
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München beflügelt die Fantasie. Das liegt auch an seiner speziellen Topografie. "Unsere Stadt wurde zwar nicht wie Rom auf sieben, dafür aber auf drei Hügeln errichtet", erzählt Weidner. Auf denen stehen der Alte Peter, der Alte Hof und die Frauenkirche. Sie gehören für den Mystik-Experten auch zu den zehn wichtigsten Kraftorten in München.
Warum diese Plätze für Einheimische wie Touristen so besuchenswert sind, verrät Weidner in der AZ.
Sein Rat an alle Kraftort-Interessierten: "Ich halte nichts von Wünschelrute und Pendel. Aber wer meine Kraftorte mit offenem Herzen besucht, der wird dort etwas spüren. Probieren Sie es doch einfach mal aus!"
„Bedürfnis nach Ruhe in verrückten Zeiten“
Christopher Weidner ist Stadtspürer und erklärt die Faszination, die die mystischen Orte haben.
AZ: Herr Weidner, wie wird man Experte für Kraftorte?
CHRISTOPHER WEIDNER: Ich war schon als Jugendlicher leidenschaftlicher Märchenleser, habe mich für Mythen und Mysterien interessiert. Später habe ich Geschichte studiert, mit dem Schwerpunkt Mittelalter und mittelalterliche Sprachen. Parallel habe ich mich stark mit Astrologie und Feng Shui beschäftigt. Beruflich mache ich heute nicht nur die Stadtführungen durch München, sondern bin auch als Reiseleiter in ganz Europa unterwegs, besonders in Südengland, Irland, Andalusien und Malta.
Gibt es eine wachsende Nachfrage nach Führungen zu Orten mit besonderer Ausstrahlung?
Ja, die gibt es schon seit einigen Jahren. Dabei wollen wir den Leuten nicht abgedreht esoterisch kommen, sondern auf unseren Führungen ihren Verstand und ihr Gefühl ansprechen. Jeder soll sich selbst ein Bild von einem Kraftort machen können. Generell kann man feststellen, dass das Bedürfnis nach Ruhe und Klarheit immer größer wird, da die Zeiten immer unvernünftiger und verrückter werden. Stichwort Fanatismus, der vielen Menschen Sorgen bereitet.
Woher rührt die Faszination der Kraftorte, die sie den Menschen zeigen?
Mir ist das Wort Geheimnis lieber als Kraftort. Die Leute wollen hinter die Dinge blicken, sie verstehen, dabei helfen wir ihnen. Deshalb heißen wir ja auch „Stadtspürer“. Übrigens: 70 Prozent unserer Kunden sind Münchner, nur 30 Prozent Touristen. Das zeigt, wie groß das Interesse der Einheimischen an bisher meist unbekannten Orten in ihrer Heimatstadt ist.