Durch die halbe Stadt gefahren: Top-Kriminologe dankt diesem Taxler

München - Menschen, die sich beruflich tagein, tagaus mit Kriminellen befassen, sind oft eher pessimistisch eingestellt, wenn sie selbst in eine missliche Lage kommen. Umso dankbarer sind der Top-Kriminologe Christian Pfeiffer (72) und seine Frau Anna aus Hannover. „Was wir in München mit einem Taxifahrer erlebt haben, ist wirklich phantastisch“, erzählte Niedersachsens einstiger Kurzzeit-Justizminister (2000-2003) der AZ. "Wir sind diesem Mann sehr, sehr dankbar!"
Professor Christian Pfeiffer, der jahrelang das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) geleitet hat, war am vergangenen Wochenende mit seiner Frau zu Besuch in München. Der 72-Jährige hat hier 20 Jahre gelebt und an der LMU Jura studiert, bevor er nach London ging, um dort noch ein Kriminologie-Studium dranzuhängen.
Der Rucksack bleibt im Taxi liegen
Am Sonntag, gegen 10.30 Uhr wollten die Eheleute vor ihrer Abreise noch eine Studienfreundin in der Ungererstraße besuchen. Am Sendlinger Tor winkten sie ein Taxi heran, dass vorbeifuhr. Am Steuer saß Akongo Kokou-Tepea (28). Der gebürtige Togolese kam vor über 20 Jahren nach Deutschland, er hat mittlerweile die deutsche Staatbürgerschaft, seit 2007 fährt er Taxi. Der Vater von drei Buben brachte die Pfeiffers zu ihrem Ziel. „Das waren sehr freundliche Leute“, erinnert er sich. „Danach hatte ich noch ein paar andere Fahrgäste. Als ich eine Frau nach Grünwald gebracht hatte und mich umsah, merkte ich, dass auf dem Rücksitz ein Rucksack lag. Den hatte offensichtlich jemand vergessen. Zuerst wusste ich nicht, wer.“ Mittlerweile war es etwa 12 Uhr.
Ungefähr zur selben Zeit bemerkten die Pfeiffers den Verlust: „Meine Frau hat statt einer Handtasche fast immer einen Rucksack dabei. Wir hatten kaum noch Zeit, mussten los. Ich habe bei der Taxizentrale angerufen. Aber da konnte man uns nicht helfen, da die Fahrt nicht per Funk durchgegeben worden war.“
An jeder Haustür geklingelt
In Grünwald öffnete Akongo Kokou-Tepea derweil den Rucksack, um nach einem Hinweis zu suchen, wem er gehörte. Er fand ein iPhone, einen Führerschein, ein Kfz-Schein, einen Geldbeutel und vieles mehr. „In einer Außentasche habe ich eine Karte vom Hotel Motel One am Sendlinger Tor gefunden. Da bin ich dann von Grünwald aus hingefahren.“
An der Rezeption bat der Taxifahrer, man möge die Pfeiffers verständigen. „Aber sie hatten kein Telefon. Die Dame an der Rezeption hat mir die Zimmernummer gegeben, aber niemand öffnete. Offenbar hatten sie schon ausgecheckt“, berichtet der Fahrer. „Da hab ich mich erinnert, dass ich ja eine Fahrt vom Sendlinger Tor zur Ungererstraße hatte. Also bin ich dorthin gefahren.“
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Da der Taxler nicht genau wusste, in welches Haus die Pfeiffers gegangen waren, klingelte er in zwei Häusern überall und fragte immer wieder: „Ich bin Taxifahrer. Sind Sie vorhin mit mir gefahren?“ Plötzlich ging die Tür auf und ein freudestrahlender Christian Pfeiffer kam ihm entgegen. „Unglaublich! Wir sind diesem Mann so dankbar“, sagte dieser später zur AZ.
Der Kriminologe bedankte sich mit 50 Euro Trinkgeld. Akongo Kokou-Tepea: „Das hab’ ich gern gemacht!“