Dubioser Balkan-Deal

Fast 100 Ermittler filzen die Münchner Zentrale. Der Vorwurf: Der ehemalige Boss soll einen viel zu hohen Preis beim Kauf der Balkan-Bank Hypo Alpe Adria gezahlt haben. Davon profitierte sein Spezl.
von  Abendzeitung
Bei der BayernLB wird geputzt.
Bei der BayernLB wird geputzt. © dpa

MÜNCHEN - Fast 100 Ermittler filzen die Münchner Zentrale. Der Vorwurf: Der ehemalige Boss soll einen viel zu hohen Preis beim Kauf der Balkan-Bank Hypo Alpe Adria gezahlt haben. Davon profitierte sein Spezl.

So ein schöner Tag für zwei alte Freunde: Der eine verkauft dem anderen eine Bank und macht dabei privat richtig Kasse. Der andere glaubt, dass er bald riesige Geschäfte auf dem Balkan macht und zahlt einen Superpreis. Es ist der 22. Mai 2007, als der Deal zwischen Werner Schmidt und Tilo Berlin perfekt ist. Die BayernLB hat gerade die österreichische Hypo Alpe Adria mit ihren vielen Filialen auf dem Balkan gekauft.

Zweieinhalb Jahre später nimmt die Staatsanwaltschaft den Deal unter die Lupe. Gegen Schmidt, mittlerweile Ex-Chef der Bank, wird wegen Untreue zum Nachteil der BayernLB ermittelt. Der Vorwurf: Der Kaufpreis von 1,63 Milliarden Euro lag weit über dem tatsächlichen Wert der Balkan-Bank. Das habe Schmidt gewusst. Es ist nicht nur Geld der BayernLB, das verplempert wurde, sondern auch Geld vom bayerischen Steuerzahler. Schließlich ist die BayernLB eine Staatsbank.

Gestern Morgen um neun Uhr schlagen die Ermittler zu: 28 Staatsanwälte, 53 Beamte des Bayerischen Landeskriminalamts sowie 18 Beamte des Polizeipräsidiums München durchsuchen die Geschäftsräume der BayernLB in der Brienner Straße in München. Die Österreicher leisten zeitgleich Amtshilfe. Sie durchsuchen Tilo Berlins Büro in Klagenfurt und die Anwaltskanzlei seines Bruders in Salzburg, in die er sich zwischenzeitlich zurückgezogen hatte. Auch die Hypo Alpe Adria bekommt Besuch von den Ermittlern.

Seit Monaten hatte die Münchner Staatsanwaltschaft den Einsatz vorbereitet. Seit dem Skandal um milliardenschwere Verluste der BayernLB in der Finanzkrise laufen mühsame Ermittlungen. Dabei stießen die Staatsanwälte nach Informationen der AZ auf eine Aktennotiz der Bank, in der damals der Preis für den bevorstehenden Kauf der Balkan-Bank als viel zu hoch bewertet wurde. Schmidt hat sie ignoriert.

Für seinen Nachfolger Michael Kemmer ist der Fall nicht nur eine Katastrophe fürs Image: Zum Zeitpunkt des Banken-Deals war Kemmer im Vorstand der BayernLB zuständig für Finanzen und Controlling. Die Affäre fällt auch auf ihn zurück. Die Hypo Alpe Adria war damals schon in einer gewaltigen Schieflage: Sie brauchte dringend Geld, weil sie vor der Finanzkrise über 300 Millionen Euro bei riskanten Geschäften verbrannt und anschließend versucht hatte, diese Verluste in der Bilanz zu verschleiern.

Damals gehörten dem Land Kärnten mit seinem umstrittenen Landeshauptmann Jörg Haider noch 50 Prozent der Bank. Dann stieg Tilo Berlin mit seiner Investorengruppe ein. Kurz vor dem Verkauf an die BayernLB erhöhte er seinen Anteil auf 25 Prozent. Rund 650 Millionen hatte er eingesetzt. In nur sechs Monaten soll er durch das Geschäft mit seinem Spezl Werner Schmidt fast 150 Millionen Euro Plus gemacht haben. Und 2,38 Millionen gab es als Sonderdividende für ihn obendrein. Die beiden sind gute alte Bekannte. Gemeinsam waren sie im Vorstand der Landesbank Baden-Württemberg.

Auch bayerische Politprominenz beteiligte sich an dem Deal. Der damalige Innenminister Günther Beckstein, der im Verwaltungsrat der Bank saß, verhandelte persönlich mit Jörg Haider. Finanzminister Kurt Faltlhauser, der die oberste Aufsicht über die Staatsbank hatte, war bei der feierlichen Unterzeichnung des Geschäfts dabei.

Schmidt musste die BayernLB 2008 verlassen, weil die Staatsbank mit Zocker-Papieren Milliarden-Verluste machte. Er will sich zu den Ermittlungen nicht äußern. Kemmer lässt ausrichten, dass er die Ermittler bei ihrer Arbeit unterstützen will. Tilo Berlin hat wieder mehr Zeit für seinen Biobauernhof, den er in Kärnten bewirtschaftet. Er verteidigt sich: In Österreich sei er kritisiert worden, weil der Preis zu niedrig war, jetzt komme der umgekehrte Vorwurf aus Bayern. Diejenigen, die damals im Aufsichtsrat der Bayern LB saßen, sind ohnehin nicht mehr im Amt. Jörg Haider starb im vergangenen Jahr bei einem Autounfall.

Nur eines ist klar: Die Hypo Alpe Adria ist ein Desaster für die BayernLB. Die Tochter machte im ersten Halbjahr 162 Millionen Euro Verlust. Ende 2008 hatten die Bayern bereits 700 Millionen Euro zuschießen müssen. Dass Berlin die Balkan-Bank damals als „Perle unter den europäischen Banken“ bezeichnete, muss den Staats-Bankern heute wie Hohn erscheinen.

Von Angela Böhm und Volker ter Haseborg

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