Drohende Gaskrise: Isar 2 kann laut Tüv länger laufen

Angesichts der aktuellen Gaskrise fordert die CSU-FW-Fraktion eine eigene Strategie der Stadt - auch Isar 2 bei Landshut soll länger laufen.
von  Myriam Siegert
Das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut: Eigentlich soll die Anlage zum Jahresende vom Netz gehen.
Das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut: Eigentlich soll die Anlage zum Jahresende vom Netz gehen. © imago images/Peter Widmann

München - Alarmstufe, Notfallplan, Gaskrise - diese Schlagworte der letzten Tage kommen zwar aus der Bundespolitik, lassen aber auch die Stadtpolitik nicht kalt. Die Fraktion von CSU und Freien Wählern im Münchner Rathaus hat daher am Freitag ein Antragspaket vorgelegt, mit dem sie die Energiesicherheit Münchens erhöhen will. Dabei geht es um eine Optimierung der Erdgasstrategie der Stadt - und um eine Laufzeitverlängerung des Kernkraftwerks Isar 2.

 

Die Dringlichkeit liegt für die Fraktion auf der Hand: Dass der (grüne) Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas ausgerufen habe, zeige, wie akut die Gefahr eines Energienotstandes im kommenden Herbst und Winter sei, dabei seien die Füllstände der Erdgasspeicher auch in Süddeutschland besorgniserregend niedrig, warnt die Rathaus-CSU. Drohende Kostensteigerungen beim Gas würden zusätzliche erhebliche Konsequenzen für den einzelnen Verbraucher wie auch für Unternehmen bedeuten. München solle sich daher nicht auf die Bundesregierung verlassen, sondern eigene Maßnahmen für mehr Energiesicherheit ergreifen.

Isar 2 soll länger laufen

Dazu müssten "alle Möglichkeiten" ausgeschöpft werden, um die Erdgasversorgung zu optimieren, so die Fraktion, denn "auch im besten Fall" sei der Münchner Energiebedarf so schnell nicht durch erneuerbare Energien zu decken.

Die Stadt solle daher prüfen, ob den Stadtwerken beispielsweise eine eigene Einspeicherung von Erdgas in Speicher, die mit dem Münchner Erdgasnetz verbunden sind, möglich wäre; bestehende Speicher für die eigene Einspeicherung erworben werden können, weitere Speicher, die eigenständig befüllt werden können, an das Münchner Erdgasnetz angeschlossen oder neue Speicher gebaut werden können. Auch sollen Heizwerke mit alternativen Brennstoffen - auch Kohle - betrieben werden, um den Erdgasverbrauch zu reduzieren, so die CSU. Darüber hinaus fordert die Fraktion, OB Dieter Reiter (SPD) solle sich auf Bundesebene für eine längere Laufzeit von Isar 2 einsetzen. Dies hatte die CSU-FW-Fraktion schon im März 2022 und November 2021 gefordert, sich damit aber nicht gegen Grün-Rot durchsetzen können. Angesichts der aktuellen Entwicklung sieht man nun eine neue Dringlichkeit.

Würde das Kernkraftwerk weiterlaufen können, so die Argumentation, würde dies die Stromversorgung deutlich stützen und könne den Gasbedarf bei der Stromerzeugung "signifikant reduzieren".

Tüv hat keiner Sicherheitsbedenken bei Isar 2

Sicherheitstechnisch zumindest wäre das denkbar, wie ein Gutachten des Tüv Süd für das bayerische Umweltministerium besagt, auf das sich die Fraktion in ihrem Antrag bezieht. Demnach hat der Tüv Süd keine Bedenken gegen einen Weiterbetrieb von Isar 2 über das Jahresende hinaus sowie auch eine Wiederinbetriebnahme des Blocks C in Gundremmingen. Das Schreiben stammt vom 14. April, wurde aber, nachdem mehrere Medien berichteten, erst jetzt bekannt.

Darin gehen die Experten des Tüv davon aus, dass der Weiterbetrieb beziehungsweise die Wiederaufnahme des Betriebs für einige Monate mit schon vorhandenen Brennelementen möglich wären. Für Isar 2, das eigentlich zum Jahresende vom Netz gehen soll, sehen sie Potenzial, bis August 2023 zusätzlich 5.160 Gigawattstunden Strom zu produzieren. In Gundremmingen sei es aus Sicht des Tüv Süd "plausibel", mit vorhandenen Brennelementen einen Reaktorkern zusammenzustellen, der etwa sechs Monate laufen und 4.900 Gigawattstunden Strom erzeugen könnte. Zusammen wären das etwa 2,4 Prozent des vergangenes Jahr in ganz Deutschland ausgelieferten Stroms.

Für Isar 2 wäre eine Nachbestellung von Brennelementen binnen zwölf Monaten möglich - also noch rechtzeitig vor dem Ende der als möglich eingeschätzten Stromproduktion bis Ende August 2023.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) liebäugelt ebenfalls mit einer kurzfristigen Laufzeitverlängerung. Auf Bundesebene sprachen sich Wirtschafts- und Umweltministerium sowie Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereits dagegen aus. Finanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich offen für eine Debatte darüber.

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