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Drogen-Skandal bei der Münchner Polizei: Einmal Koks als Dankeschön

Nach dem Prozessbeginn gegen einen Kollegen muss sich nun ein weiterer Ex-Polizist (27) im Rahmen des Drogen-Skandals verantworten.
von  John Schneider
Der Angeklagte spricht vor dem Prozessbeginn mit seinem Anwalt Stephan Tschaidse.
Der Angeklagte spricht vor dem Prozessbeginn mit seinem Anwalt Stephan Tschaidse. © Sigi Müller

München - Für den Ex-Polizisten Adul G. (27, Name geändert) begann alles mit einer Starthilfe-Aktion. Der Dealer eines Kollegen bekam in einer Schwabinger Tiefgarage sein Auto nicht in Gang. Die Batterie. Adul G. und ein Kollege konnten helfen. Nach erfolgreicher Überbrückung spendierte der Dealer den Helfern jeweils eine Linie Kokain.

Doch das war erst der Anfang. Staatsanwalt Jakob Schmidkonz wirft dem seit Februar 2020 suspendierten Beamten unerlaubten Erwerb und Besitz von Betäubungs- und Dopingmitteln, sowie Verwahrungsbruch vor. Der 27-Jährige soll im Dienst beschlagnahmtes Marihuana selbst genommen haben.Der Angeklagte legt gestern vor dem Amtsgericht ein Teilgeständnis ab. Er gibt zu, Drogen und Dopingmittel konsumiert zu haben. Sein Verteidiger Stephan Tschaidse erklärt zu Beginn, dass einige Vorwürfe stimmen, andere aber nicht. Bestritten wird von ihm auch, dass er einen sogenannten Verwahrungsbruch begangen habe.

Das Polizeipräsidium in der Münchner Innenstadt. (Archivbild)
Das Polizeipräsidium in der Münchner Innenstadt. (Archivbild) © Peter Kneffel/dpa/Symbolbild

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass der Giesinger Polizist im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit als Vollzugsbeamter im Polizeidienst im Stadtgebiet von München eine nicht mehr näher bestimmbare Gesamtmenge an Marihuana sichergestellt habe. Doch statt alles komplett abzugeben, soll der 27-Jährige von der sichergestellten Menge mindestens zwei Gramm Marihuana für sich behalten haben. Adul G. ist Fitness-Sportler und offenbar sehr an seinem Muskelaufbau interessiert. Dafür soll der 27-Jährige unerlaubte Mittel eingesetzt haben. Laut Anklage hat er im März und April 2019 "bei mindestens zwei Gelegenheiten Dopingmittel zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport erworben". Ein Teil war demnach zum Eigenkonsum bestimmt, ein weiterer Teil zur Weitergabe an Dritte.

Eine Bekannte hatte sich bereiterklärt, ihm Testosteron zu besorgen. Dafür soll die anderweitig verfolgte Frau verschreibungspflichtige Arzneimittel – vermutlich ohne Rezept – in einer Apotheke erworben haben. In diesen Punkten zeigt sich Adul G. geständig. Nachdem Adul G. seine Version der Geschichte erzählt hat, tritt der Kronzeuge (39) auf, der als Dealer die Aufklärung des Skandals ins Rollen gebracht hat und bereits in verschiedenen Prozessen in den Zeugenstand gerufen wurde. Auch er berichtet über die Szene der Starthilfe in der Garage. Es gibt aber Abweichungen im Detail zu der Version des Angeklagten. So will der Dealer das Kokain auf dem Autodach präpariert haben. Adul G. erinnert sich aber, dass dies auf der Hutablage passiert sei. Auch sei dazu nicht ein Dienstausweis benutzt worden, sondern ein Polizei-Ticket für den ÖPNV. Der Prozess ist das zweite von sechs Verfahren in dem Kokain-Skandal, der das Münchner Präsidium 2020 erschütterte und das derzeit am Amtsgericht läuft.

Etliche Ermittlungsverfahren gegen Münchner Polizeibeamte

Bereits in der vergangenen Woche hatte der Prozess gegen einen 28-Jährigen begonnen, der seine Verstrickungen unter Tränen gestanden hatte. In dem Verfahren sind nach Gerichtsangaben drei Verhandlungstage angesetzt. Heute wird dieses Verfahren fortgesetzt. Es scheint aber eher unwahrscheinlich, dass bereits ein Urteil fällt. Die juristische Aufarbeitung des Drogenskandals läuft jedenfalls weiter auf Hochtouren. Ein drittes Verfahren gegen einen Ex-Polizisten, der sich derzeit in Untersuchungshaft befinden soll, beginnt nach Informationen der Staatsanwaltschaft bereits am 10. März.

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