Dritte Startbahn vom Tisch: Die Reaktionen

Die dritte Startbahn am Flughafen München wird nicht gebaut: Beim Bürgerentscheid über den Ausbau liegen die Projektgegner klar vorn. Die Reaktionen.
von  Abendzeitung
Freude bei den Startbahn-Gegnern: Margarete Bause (l.), Fraktionsvortsitzende der bayerischen Grünen, Hartmut Binner von der Initiative "Aufgemuckt" und Theresa Schopper, gesundheitspolitische Sprecherin der bayerischen Grünen.
Freude bei den Startbahn-Gegnern: Margarete Bause (l.), Fraktionsvortsitzende der bayerischen Grünen, Hartmut Binner von der Initiative "Aufgemuckt" und Theresa Schopper, gesundheitspolitische Sprecherin der bayerischen Grünen. © dpa

Die dritten Startbahn am Münchner Flughafen wird nicht gebaut. Bei einem Bürgerentscheid haben deutlich mehr als die Hälfte der Bürger gegen die Startbahn gestimmt – 55 Prozent sind gegen die Flughafenerweiterung, 45 Prozent dafür.

München - Damit muss die Stadt München in der Gesellschafterversammlung der Flughafen GmbH gegen eine Erweiterung stimmen – da eine solch wichtige Entscheidung einstimmig gefällt werden muss, wäre der Bau einer dritten Startbahn damit gestoppt.

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hatte angekündigt, den Bürgerwillen zu respektieren – die Entscheidung bindet die politisch Verantwortlichen für ein Jahr. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Entscheidung – wie bei der Ablehnung des Hochhaus-Baus – längere Bindungskraft entfaltet. Es ist aber durchaus wahrscheinlich und rechtlich möglich, dass der Flughafen seine Ausbau-Planungen zunächst weitertreibt. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen – voraussichtlich im kommenden Jahr – 20 Klagen verhandelt werden. Das Planfeststellungsverfahren hat drei Jahre gedauert, insgesamt gab es 84.000 Einwendungen.

Ude: "Die dritte Startbahn ist vom Tisch"

Christian Ude gratulierte den Gegnern bereits zu ihrem Sieg. „Es ist für die Ausbaufreunde bei Stadt, Land und Bund ein Rückschlag, daran gibt es nichts zu deuteln“, sagte Ude nach dem Bürgerentscheid am Sonntag. Er gratulierte den Startbahngegnern, die mit ihren Protesten gegen das Projekt einen großen Teil der Münchner Bevölkerung angesprochen hätten. Ude kündigte an, das eindeutige Ergebnis „ohne Wenn und Aber zu akzeptieren“. Die dritte Startbahn sei vom Tisch, da die Stadt nunmehr verpflichtet sei, als Mitgesellschafter des Flughafens gegen den Ausbau zu stimmen. Zugleich warnte Ude davor, den Willen der Bürgerschaft mit „Tricksereien“ zu hintergehen.

Die Münchner mussten über zwei Fragen abstimmen: Einmal, ob sie dem Ausbau des Flughafens zustimmen. Dieser Entscheid war vom Stadtrat initiiert worden. Hier stimmten 46,8 Prozent zu, 53,2 Prozent lehnten das ab. Die zweite Fragestellung kam von den Startbahngegnern und forderte, dass die Stadt München in der Gesellschafterversammlung gegen die dritte Startbahn stimmen sollten. 55,4 Prozent wollten, dass die Stadt den Bau verhindert, 44,6 Prozent wollten, dass sie ihn ermöglicht. Für den Fall, dass sich die beiden Voten widersprechen, gab es eine Stichfrage – 54,3 Prozent waren gegen den Startbahn-Bau, 45,7 Prozent dafür.

"Richtiger Triumph für die Projektgegner"

Grünen-Landeschef Dieter Janecek sprach von einem „richtigen Triumph“ für die Projektgegner: „Es ist ein Zeichen, dass die Menschen diese größenwahnsinnigen Verkehrsprojekte satthaben. Ich bin überglücklich.“ Auch die bayerische Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sagte, das Ergebnis zeige, dass eine Politik, die auf „höher, schneller, weiter“ setze, keine Mehrheit und keine Zukunft habe.

Helga Stieglmeier vom Bündnis „Aufgemuckt“, in dem sich Flughafenanwohner versammelt haben betonte: „Ich bin nur noch glücklich. Ich kann nur Danke sagen an die Münchner, die an die Leute im Umland gedacht haben.“ Das Ergebnis sei auch „eine Absage an die Tendenz, dass man alles zubetoniert“.

„Herber Rückschlag“

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) wertete das Resultat dagegen als „herben Rückschlag für den Wirtschaftsstandort Bayern“. Zugleich erhob er Vorwürfe gegen Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD): „Ich glaube nicht, dass er mit ganzem Herzen dabei war.“

Für den 1,2 Milliarden Euro teuren Flughafenausbau werben Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und die schwarz-gelbe bayerische Staatsregierung. Aus ihrer Sicht ist das Vorhaben unerlässlich für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Die Projektgegner – Grüne, Freie Wähler und Teile der SPD – zweifeln hingegen an den Wachstumsprognosen des Flughafens.

Unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids will die Staatsregierung das Ziel der Flughafenerweiterung weiter verfolgen. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hatte angekündigt: „Wenn die Bürger aber eine dritte Startbahn ablehnen, liegt es in der Hand der Stadt München als Gesellschafterin zu entscheiden, wie sie weiter verfahren möchte. Sie muss für ihr Handeln Verantwortung tragen. Die Staatsregierung bleibt bei ihrer eindeutigen und verantwortungsvollen Haltung – ohne Wenn und Aber – nämlich, den Flughafen bedarfsgerecht auszubauen.“

Münchens FDP-Chef Daniel Föst, befürchtet . „dass das Nein zur 3. Startbahn wird sich als Fehler für München herausstellen. Leider haben wir die Zukunftsangst der Münchner unter- und die Kraft der Fakten wohl überschätzt. Wir müssen aufpassen, dass wir in Deutschland nicht auf eine Totalblockade von wichtigen Infrastrukturmaßnahmen zusteuern. Das kann uns viel kosten. Nichtsdestotrotz, die FDP respektiert das Votum der Bevölkerung, und wir erwarten dies auch von den anderen Parteien.“

Flughafenchef Michael Kerkloh sagte zum Ausgang: „Die Tatsache, dass eine relative Mehrheit der Münchner Bürger gegen den Bau der 3. Start- und Landebahn gestimmt hat, macht deutlich, wie schwierig es in unserem Lande mittlerweile ist, die Bedeutung wichtiger Infrastrukturprojekte zu verdeutlichen.“ Es sei leider nicht gelungen, eine schweigende Mehrheit unter den mehr als eine Million wahlberechtigten Münchner Bürgerinnen und Bürgern für eine Abstimmung pro Flughafenausbau zu motivieren.

Von dieser Entscheidung gehe ein negatives Signal für die Landeshauptstadt und den gesamten Freistaat Bayern aus. Es sei nun schwieriger, die vor 20 Jahren begonnene Erfolgsgeschichte des Airports weiterzuführen. „Falls die Kapazitätsengpässe am Flughafen bestehen bleiben, muss der Großraum München auf wichtige Zukunftschancen und Tausende von neuen Arbeitsplätzen verzichten.“

Die genaue Analyse der Abstimmung, welches Stadtviertel wie gewählt hat, was weitere Gegner und Befürworter jetzt sagen, lesen Sie morgen in der Print-Ausgabe der Abendzeitung.

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