Dreikönigstreffen: Münchner SPD glaubt wieder an sich

Selbstbewusste Partei Deutschlands: Fast 500 Genossen verbreiten beim Neujahresauftakt Zuversicht – und feiern Dieter Reiter und Alt-OB Hans-Jochen Vogel.
Felix Müller |
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Ein Prosit auf die SPD: Links am Tisch sitzen Malu Dreyer, Natascha Kohnen und Hans-Jochen Vogel, rechts stoßen Dieter Reiter und Claudia Tausend an.
Daniel von Loeper Ein Prosit auf die SPD: Links am Tisch sitzen Malu Dreyer, Natascha Kohnen und Hans-Jochen Vogel, rechts stoßen Dieter Reiter und Claudia Tausend an.

München - Es ist eng, es ist voll, man kommt kaum durch zum großen Saal des Hofbräukellers. Zu einer Veranstaltung der Münchner SPD! Liegt Ihre Partei etwa doch nicht am Boden, Herr Oberbürgermeister? „Nein, das tut sie nicht!“, ruft Dieter Reiter, ehe er sich in Richtung Saal weiterkämpft. Und brummt hinterher: „Aber manchmal muss man ihr das noch sagen.“

Neues Selbstbewusstsein, neue Geschlossenheit, neue Kampfeslust: Bei ihrem traditionellen Jahresauftakt im Hofbräukeller will die SPD demonstrieren, dass sie noch da ist.

"Wir müssen die Stadt vor wildgewordenen Investoren schützen!"

Das wirkt bisweilen trotzig, aber immerhin: Der Hofbräukeller ist mit fast 500 Leuten voll wie lange nicht. Die freien Plätze sind schon fast eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn belegt, draußen im Flur recken Leute den Hals, um irgendwie noch einen Blick durch den Türspalt auf die Bühne zu erhaschen.

Selbstverständlich ist das für die Gerade-mal-noch-knapp-über-20-Prozent-Partei sicher nicht. Und auch die Redner geben sich alle Mühe, im Jahr der Landtagswahl Aufbruchsstimmung zu verbreiten. OB Reiter erwähnt die Stadt-CSU in 45 Minuten kein einziges Mal. „Alle profitieren von der SPD!“, ruft er. Jetzt brauche es eine Strategie, damit die Menschen sie wählten. Reiter appelliert für Geschlossenheit – und eine bessere Kommunikation. „Das ist unsere Aufgabe für 2018! Wir Sozialdemokraten reden mit Begeisterung darüber, was wir nicht geschafft haben. Das würde ein Unternehmen anders machen!“

OB Reiter braucht Staat und Bund für Mieterpolitik

Reiter spricht ungewohnt viel über die Bundes- und Landespolitik, sagt etwa, er wolle das Thema Bodenpreise "2018 auf die Agenda setzen" und, dass er die Staats- und Bundesregierung brauche für die Mieterpolitik. Erst spät kommt er auf München, sagt, die Stadt müsse "bauen so schnell es geht, bauen mit neuen Ideen, bauen, auch wenn es dafür vor Ort nicht immer Beifall gibt."

Da klatscht auch Alt-OB Hans-Jochen Vogel, 91, der das Publikums eingangs Spazierstockwinkend begrüßt hat. Reiters schärfster Satz: "Wir müssen die Stadt bewahren vor wildgewordenen Investoren!" Dieter Reiter ist der einzige aktive Münchner SPDler, der bekannt und beliebt in der Stadt ist. Die SPD braucht ihn dringend wie nie, und so gibt es auch an diesem Tag langen Applaus und ullkommanull Kritik – nichtmal bei den Rauchern draußen vor der Tür. Drinnen wird auch Rheinland-Pfalz-Ministerpräsidentin Malu Dreyer freundlich begrüßt. Sie ruft die SPD auf, die Sorgen der kleinen Leute nicht zu vergessen. Man habe den technischen Fortschritt nie aufhalten können. "Aber man muss auch die Risiken sehen und die, die betroffen sind."

Malu Dreyer war auch in München

Dreyer ruft auf, sich auch zu fragen, was die Mitarbeiter denken, wo man Sparkassen-Filialen schlösse, an die Industrie-Arbeiter, die Angst haben um ihren Arbeitsplatz, wenn man keine Autos mehr wolle.

Auch die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Natascha Kohnen, präsentiert sich den Münchnern – und macht deutlich, wie sie in der Stadt punkten will: mit einem seriöseren Auftreten als die CSU-Konkurrenz, mehr Einsatz für bezahlbare Wohnungen – und der Forderung nach kostenlosen Kitas.

Alt-OB Vogel sitzt am Ehrentisch

Alt-OB Vogel verfolgt all das aufmerksam von seinem Ehrentisch aus. Gerade jetzt, nach den schwachen Wahlergebnissen, sähen viele die Pflicht, sich für die SPD einzusetzen, erklärt er den Besucheransturm im Gespräch mit der AZ. Vogel sagt, es freue ihn besonders, wie viele junge Leute da seien. Ob er selbst, noch einmal jung, heute auch in diese Münchner SPD eintreten würde? Vogel überlegt kurz. „Ich bin 1950 als 24-Jähriger eingetreten“, sagt er. „Und ja, es spricht vieles dafür, dass ich das heute wieder tun würde.“ Ob er hier im Saal eine Aufbruchsstimmung gespürt hat? „Ja!“, sagt Vogel entschlossen. Die SPD glaubt wieder an sich. Ob das auch die Münchner tun, zeigt sich bei der Landtagswahl im Herbst.

Lesen Sie auch: Münchner SPD nach Bundestagswahl-Desaster - und dann?

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