Draußen sitzen trotz Kälte: Münchens eisfeste Nachtschwärmer
München - Wieder so ein Abend, um München zu lieben. Es hat schneegestöbert am Nachmittag, kein Drandenken, noch rauszugehen. Und dann das: Kaum ist das graue Resttageslicht verschwunden, springen Lichterketten an über Schanigärten, tauchen Freiluftheizlampen Außenseparées in oranges Licht. Werfen Hausgemeinschaften im Hof die Feuerschale an. Schenken Glühwein aus Thermoskannen und heiße Zitrone in mitgebrachte Becher. Sogar eiskaltes Weißbier schmeckt, wozu hat man gefütterte Stiefel, Schals, Herumwickeldecken.
Mit Decke und Wärmepilz: Münchner sitzen auch im Winter gerne draußen
Die Stadt mitten im Januar, null Grad unterm Winterhimmel, sie trotzt der Kälte, der Pandemie, der Stille im Homeoffice und der frühen 22-Uhr-Sperrstunde, und sie tut es mit erfrischendem Lächeln.
Das Café Vollaths im Glockenbachviertel hat draußen aufgedeckt, Blumentöpfe auf dem Tisch, Wärmelampe von oben. Die Schülerinnen Lisa, Helena und Malina sitzen in Decken gewickelt, Cappuccino, Chai-Latte, Käsekuchen, Aperol, was braucht man mehr? Eigentlich, sagt Malina, hätten sie nur kurz draußen bleiben wollen. "Aber drinnen ist man so abgeschottet, im Freien sieht man viel mehr von den Leuten" - es sei doch gemütlich und coronasicherer sowieso.
Weniger Ansteckungsrisiko und frische Luft
Ein Stück weiter im Lozzi in der Pestalozzistraße bringt Kellner Dominik Hartl, der eigentlich Motiondesigner ist, Heißgetränke sogar im T-Shirt nach draußen.
Sogar bei Starbucks am Viktualienmarkt, wo es windet, sitzen Leute unverdrossen draußen. Freiluft bei Nacht, das sei sein Kompromiss, um Menschen zu treffen, plus sich nicht anzustecken, sagt Student Gregor Klehel (23). Und wenn man gegenüber "in schöne Augen schaut", werde es einem sowieso warm ums Herz.
In der Maxvorstadt scheint es sowieso schon lang keine Rolle zu spielen, wie finster oder kalt es gerade ist. Vor dem Türkenhof liegt der Schanigarten wie ein durchsichtiges Raumschiff im Lichterkettenlicht, man mümmelt sich in Decken, stößt an, es ist viel Gelächter zu hören.
Willkommene Abwechslung zu Homeoffice und Online-Uni
Ruff's Burger hat draußen aufgedeckt, auch die Orange Box beleuchtet ihre Tische mit Kerzen. Und vor dem Zeitgeist, Fixpunkt für Winternachtschwärmer, wird brav angestanden für den 2G-Check.
Bis spät am Abend sitzen hier Studenten, die tagsüber zu oft einsame Onlinevorlesungen haben und Nachbarn, die aus dem Homeoffice kommen. Man habe sich im Büro fast zwei Jahre nicht gesehen, erzählen zwei Frauen, okay, dann eben nach dem Job hier. Minus ein Grad hat es jetzt, kurz vor halb zehn, und keiner mag reingehen. Undenkbar wäre das gewesen in vorpandemischen Zeiten. So kann man das ja auch mal sehen.
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