Doris Wagner: Eine Grüne mit Leidenschaft für Verteidigungspolitik
Es muss viel passieren, dass eine Doris Wagner auf Attacke schaltet. Offenbar ist viel passiert. Denn neulich ging Doris Wagner, diese ungewöhnlich abwägende, ruhige Politikerin von den Grünen auf Angriff über. Gegen Florian Post, den SPD-Rebellen, gegen den sie im Münchner Norden antritt. Wagner schien ehrlich entsetzt über Plakate Posts, er missbrauche die Regenbogen-Fahne, schimpfte sie in einem AZ-Interview. Zuspitzende Thesen, persönliche Kritik – das ist eigentlich nicht die Sache der 58-Jährigen – was ihr bei den Münchner Grünen durchaus sowohl als Stärke, als auch als Schwäche ausgelegt wird.
Die gelernte Übersetzerin und Betriebswirtin mit norddeutschen Wurzeln war schon 2001 bei den Grünen eingetreten, spielte außerhalb der Partei aber keine hörbare Rolle. Bis sie 2013 über die Liste in den Bundestag einzog. Wagner machte in Berlin mit Leidenschaft Verteidigungspolitik, kritisierte scharf deutsche Waffenexporte (und damit auch immer wieder in München die Allacher Firma Krauss-Maffei Wegmann, deren Panzer etwa nach Katar geliefert wurden).
Doris Wagner: "Wir wollen eine Transformation"
Eine Grüne und Verteidigungspolitik? Das findet Wagner, die in der Partei als sachliche Realpolitikerin und nicht als Linke gilt, keinen Widerspruch. "Es gibt da eine große Schnittmenge zu grünen Themen", sagt sie. "Klimawandel, Dürre, Ressourcenmangel – das hängt alles auch mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammen!" 2017 flog sie aus dem Bundestag, nun will Wagner es noch einmal wissen.
Vielleicht reicht es mit einem sehr guten Grünen-Gesamtergebnis auch über die Liste, doch Wagner setzt aufs Direktmandat. Letzte Umfragen haben ihr Hoffnung gemacht, dass es auch hier im Norden reichen könnte für die Grünen. Auf der Straße beim Wahlkampf sei die Stimmung viel positiver als früher, sagt sie. Das größte Thema im Norden: natürlich der Wohnungsmarkt. Ob den Grünen hier wirklich Kompetenz zugetraut wird? Wagner glaubt ja.
Dass sie bei der Messe München eine verantwortliche Position hat und damit indirekt auch für die Automesse IAA arbeitet, mag manchen Grünen ein bisserl nerven. Wagner sieht auch hier keinen Widerspruch. "Die Grünen sagen ja nicht, dass sie gar keinen Individualverkehr mehr wollen. Wir wollen eine Transformation", sagt sie. Ganz ruhig und sachlich, so wie es ihre Art ist. Diese Art soll zum Erfolgsfaktor werden, hoffen die Grünen. Und dass Doris Wagner davon profitiert, dass auch mancher SPD-Wähler von Florian Posts Lust an der Dauer-Provokation so irritiert sein könnte, dass er heuer bei der ruhigen Konkurrentin von den Grünen das Kreuz setzt.