Dominique Horwitz: Wenn der Stelzfuß grinst

Dominique Horwitz gastiert auf Tollwood mit seiner teuflisch rockenden Revue – und die ist höllisch gut
Mathias Hejny |
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Warum nur kleine Hörnchen tragen, wenn man auch ein ganzes Geweih bekommt: Dominique Horwitz singt im Grand Chapiteau.
Hasheider Warum nur kleine Hörnchen tragen, wenn man auch ein ganzes Geweih bekommt: Dominique Horwitz singt im Grand Chapiteau.

Niemand muss an diesem Abend seine Seele an den Teufel verkaufen. Aber es hilft natürlich, „Sympathy For The Devil“ mitzubringen, wie sie im Finale mit dem Klassiker der Rolling Stones besungen wird. „Sympathy“ bedeutet im Englischen nicht nur Zuneigung, sondern auch und vor allem „Mitleid“, aber auf die herzliche Anteilnahme pfeift diese Höllenbrut.

Sie ist in den Körper von Dominique Horwitz gefahren, und darin genießt sie mit breitestem Grinsen, das von Segelohr zu Segelohr reicht, die Bühnenexistenz und verabschiedet sich schließlich mit einem maliziösen „please to meet you“ nach Mick-Jagger-Art.

Das Vergnügen ist gegenseitig. Zwar ist Horwitz kein Stimmwunder, aber das muss er auch nicht sein, denn er hat die Emotion und die Präsenz eines Rockers. Der Titel „Me And The Devil“ ist bei Gil Scott-Heron entliehen, und die gleichnamige Höllenfahrt-Ballade mit ihrer expressiven Mischung aus Funk und Soul ist sicht- und hörbar das Ding des Künstlers, der sich in den letzten Jahren auch mit Brecht und Brel einen guten Namen gemacht hat.

Dominique Horwitz ist nicht nur der Solist der teuflisch guten Show, sondern auch der Regisseur. 1990 spielte er am Hamburger Thalia den Stelzfuß in „The Black Rider“, einem legendären Theaterevent. Die vielleicht deutscheste aller Opern, den „Freischütz“ von Carl Maria von Weber, hatten das Blues-Raubein Tom Waits, der Underground-Urahn William Burroughs und Bob Wilson, der Schöpfer magischer Bühnenwelten, in ein schräges Musical verzaubert.

Von der romantischen Erlösungsgeschichte um unschuldige Liebe und einem Teufelspakt im deutschen Forst blieb wenig übrig. Dafür triumphiert am Ende das Böse. Jetzt stelzt er solistisch über die Bühne: Frack und Zylinder leuchten in höllenfeuerrot, und da das Böse nicht an ein Geschlecht gebunden ist, stöckelt er zwischendurch auch auf Pumps und im Minirock.

Zusammen mit seinem Musikalischen Leiter Jan Christof Scheibe collagierte er nicht nur Weber und Waits, sondern auch Pop und Rock zu einer Revue mit Beelzebub als Moderator und Sänger. Die siebenköpfige Jazz-Rock-Combo unter Haartollen, die ebenso an Elvis Presley als auch die Leningrad Cowboys erinnert, lässt das Liedgut unterschiedlichster Herkunft aus einem Guss erscheinen. Als wäre es schon immer so gewesen, verschmelzen dann etwa die Arie „Durch die Wälder, durch die Auen“ und Nina Simones „My Baby Just Cares For Me“ kunstvoll.

Tollwood (Grand Chapiteau), noch Montag, 19.45 Uhr, Karten unter Tel.: 0700-38 38 50 24

 

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